Der Beitrag plädiert für die Mitführung einer gesellschaftstheoretischen Perspektive in der ›Gedächtnissoziologie‹. Oder umgekehrt, er plädiert in der allgemeinen Soziologie und soziologischen Theorie für eine systematische Berücksichtigung des Zeitaspektes, der Imagination kollektiver Identität in der Zeit. Dazu geht er 1. auf die Kritiken an ›dem‹ Gesellschaftsbegriff ein, die auch die Gedächtnissoziologie zum Teil teilt. Er eruiert vor diesem Hintergrund 2. noch einmal das gesellschaftstheoretischeKonzept von Durkheim-Halbwachs, und geht 3. auf das gedächtnistheoretische Potential der daran (implizit) anschließenden postfundamentalistischen Gesellschaftstheorien ein. In diesen wird Gesellschaft als imaginäre Institution, und das heißt nicht zuletzt: als imaginäre Fixierung (Castoriadis) gefasst. Erinnerungspraxen können dann als solche analysiert werden, in denen Gesellschaft nicht Subjekt, sondern Objekt ist – diese erzeugt wird. Abschließend werden daraus folgende, mögliche analytische Perspektiven einer gesellschaftstheoretischen Gedächtnissoziologie skizziert.