Die Möglichkeiten, Befragtenverzerrungen theoretisch zu erklären und empirisch nachzuweisen, sind - trotz vielversprechender Ansätze - bis jetzt vernachlässigt worden. Im Aufsatz werden zuerst die bisherigen Ansätze, Reaktionen im Befragungsprozeß zu erklären, diskutiert. Darauf aufbauend wird mit Hilfe der kognitiv-hedonistischen Verhaltenstheorie und der kognitiven Handlungstheorie ein theoretisches Modell entwickelt, das neben "wahren" inhaltlichen Reaktionen (Kerntheorie) auch sozial erwünschtes Verhalten (Methodentheorie) berücksichtigt. Die empirische Überprüfung erfolgt sekundäranalytisch anhand einer Studie von Schuessler (1982), die sowohl verzerrungsanfällige Items als auch Messungen zur sozialen Erwünschtheit enthält. Der Vergleich zweier LISREL-Modelle, jeweils mit und ohne Methodentheorie, verdeutlicht, daß erst durch Einführung einer Methodentheorie die Überschätzung der epistemischen Koeffizienten und der theoretischen Postulate korrigiert werden kann.