In dieser Arbeit wurden (i) ausgewählte Polyoxomolybdate und -wolframate mit Hilfe der Kohn-Sham-Dichtefunktionaltheorie (KSDFT) untersucht und (ii) Molekulardynamik (MD)-Simulationen dendrimer-eingekapselter [alpha]-Dodecawolframatophosphate und -zinkate durchgeführt:
(i) Zur Bestimmung von Referenzdaten zur Parametrisierung eines empirischen Polyoxowolframat-Kraftfelds wurden das Hexamolybdat und -wolframat, das [alpha]-Dodecamolybdatophosphat, das [alpha]-Dodecawolframatophosphat und -zinkat, das [alpha]-Octadecawolframatodiphosphat und das Triacontawolframatopentaphosphat mit dem B3LYP-Funktional, effektiven Rumpfpotentialen und korrespondierenden Basissätzen (erweitert mit diffusen und Polarisations-Funktionen) nach Stevens et al. durch Strukturoptimierungen, Berechnungen des molekularen elektrostatischen Potentials und Normalschwingungsanalysen (letzteres nur für die Hexametallate und die [alpha]-Dodecametallatophosphate) untersucht. Bei den Polyoxomolybdaten wurden niedersymmetrische, bei den Polyoxowolframaten jedoch hochsymmetrische Gleichgewichtsstrukturen gefunden (wie aus Röntgen-Kristallstrukturanalysen schon experimentell bekannt, jedoch theoretisch bisher übersehen). Die Ursache der niedersymmetrischen Gleichgewichtsstrukturen der Polyoxomolybdate ist höchstwahrscheinlich ein Pseudo-Jahn-Teller-Effekt. Bei den Strukturen ergeben sich winkeltreue Aufweitungen (um 1-2 Prozent) gegenüber exp. Kernabständen. Bei den Normalschwingungsfrequenzen finden sich für IR-aktive Moden systematisch zu hohe, für Raman-aktive Moden unsystematische Abweichungen gegenüber exp. Schwingungsfrequenzen. Des weiteren ergeben sich durch Kopplung quasientarteter Moden und/oder durch Mängel des verwendeten Dichtefunktionals signifikante Abweichungen zwischen theor. und exp. Intensitäten. Die Analyse der Bindungsverhältnisse (durch Interpretation der Kohn-Sham-Molekülorbitale bzw. Berechnung von Partialladungen nach Weinholdt et al.) ergeben eine Donor-Acceptor-Wechselwirkung mit signifikanten kovalenten Anteilen zwischen eingekapseltem Anion und dem (formal) neutralen Metall-Sauerstoff-Käfig.
(ii) Aus den Daten von (i) wurde ein empirisches Polyoxowolframat-Kraftfeld parametrisiert, mit dem sich die Strukturen des [alpha]-Dodecawolframatophosphats und -zinkats und des [alpha]-Octadecawolframatodiphosphats gut, die der anderen untersuchten Polyoxowolframate nur mit signifikanten Abweichungen (aufgrund zu unterschiedlicher Strukturparameter zwischen diesen und den besser beschriebenen Verbindungen) reproduzieren lassen. Die Normalschwingungsfrequenzen des [alpha]-Dodecawolframatophosphats werden zufriedenstellend reproduziert. Mit diesem Kraftfeld wurden MD-Simulationen von dendrimer-eingekapselten [alpha]-Dodecawolframatophosphat- und -zinkat-Ionen in Chloroform bei 300 K und 1 bar durchgeführt. Bei den Dendrimeren handelt es sich um amphiphile Dendrimere der ersten und zweiten Generation des N-Methyl-3,5-bis(tert-butyl)pyridinium-Ions und des Bis(3,5-dimethoxybenzyl)dimethylammonium-Ions. Die dendrimer-eingekapselten Keggin-Ionen sind Modellsysteme sogenannter Dendrizyme, Hybridmaterialien aus in Redoxreaktionen katalytisch-aktiven Polyoxometallat-Anionen, den Dendrizymkernen, und amphiphilen Dendrimer-Kationen, der Dendrizymschale. Dendrizyme wirken als substratselektiver Katalysator. Aus der Analyse der aufgezeichneten Trajektorien (mittels radialer und räumlicher Paarverteilungsfunktionen, zeitlich gemittelter Strukturen, Ortsfluktuationen und Translations-Diffusionskoeffizienten) wurde (a) die konformative Dynamik der Dendrizymschale in Abhängigkeit von Dendrimertyp, Dendrimergeneration und Anzahl koordinierter Dendrimere untersucht und (b) die Substratselektivität der Dendrizymschale durch Bestimmung der Permeabilität für Chloroform-Moleküle (dem Lösemittel) charakterisiert.