Die postnatale Entwicklung ist wahrscheinlich die wichtigste Phase während des Reifungsprozesses eines jeden Lebewesens. Äußere Verhältnisse und Einflüsse wirken auf die anfängliche Verschaltung des Nervensystems ein und tragen so zur Bildung von kognitiven Fähigkeiten und Verhaltensweisen bei. Störungen während dieser entscheidenden Zeit können schädliche Effekte auf das ganze System haben, da sie zu Modifizierungen in den Nervennetzen oder sogar zur Bildung von neurologischen Krankheiten führen können.
Unsere Arbeitsgruppe hat ein Tiermodell einer frühkindlichen Schädigung entwickelt, das aus einem 2-Stufen-Modell besteht mit reizarmen Aufzuchtsbedingungen einerseits und einer einzelnen frühen Methamphetamin-Intoxikation (MA) am postnatalen Tag (PD) 14 andererseits. Vorherige Arbeiten konnten bereits zeigen, dass dieses Modell schwerwiegende und komplizierte Veränderungen in verschiedenen Transmittersystemen und Gebieten verursacht und sogar einige Befunde von schizophrenen Patienten widerspiegelt.
Die gegenwärtige Arbeit wurde durchgeführt, um weitere Aspekte bezüglich dieses potenziellen Tiermodells zur Psychose zu klären.
- Erstens: Beruhen diese Veränderungen ausschließlich auf den unausgereiften Nervennetzen während der Entwicklung, oder kann eine MA-Intoxikation im Erwachsenenalter ähnliche Modifizierungen, besonders im dopaminergen System, verursachen?
- Die zweite Frage betrifft die unterschiedliche Betroffenheit verschiedener limbischer Gebiete nach der frühen Störung, und ob die möglicherweise unterschiedlichen Entwicklungsmuster der Areale dabei eine Rolle spielen könnten.
- Schließlich interessierte ich mich für den Beitrag des GABAergen Systems zu den reaktiven oder kompensatorischen Mechanismen innerhalb der gestörten Nervennetze.
Um diese Fragen zu klären, haben wir zunächst eine vergleichbare Dosis von MA erwachsenen Rennmäusen verabreicht, um die langfristigen Effekte auf das dopaminerge System zu untersuchen. Im Gegensatz zu der frühen Intoxikation zeigte sich jedoch nur ein leichter Faserüberschuss im Nucleus accumbens shell (Brummelte et al., 2006a).
Daraufhin untersuchten wir die postnatale Entwicklung von dopaminergen und GABAergen Fasern in einer Langzeitstudie im präfrontalen Kortex (PFC), in der Amygdala und im entorhinalen Kortex (EC) vom PD 14 bis zum hohen Alter (PD720), um potenziell unterschiedliche Reifungsmuster oder alterungsbedingte Veränderungen der entsprechenden Gebiete und ihrer Transmittersysteme aufzuzeigen. Die Ergebnisse zeigen, dass diese verschiedenen Muster tatsächlich zur beobachteten Unausgewogenheit innerhalb der Nervennetze beitragen könnten und dass nur die dopaminerge Faserdichte im PFC von Alterungsprozessen betroffen ist. (Brummelte and Teuchert-Noodt 2006; Brummelte et al. akzeptiert, Brummelte and Teuchert-Noodt, eingereicht).
Um schließlich den Einfluss des GABAergen Systems bei den Umorganisationen nach den frühen Störungen zu beurteilen, untersuchten wir einerseits GABAerge Fasern und andererseits GABAerge "Boutons" an nicht angefärbten pyramidalen Zellkörpern im PFC und konnten zeigen, dass die GABAerge Inhibition anscheinend eine Verschiebung von einer starken somatischen Hemmung zu einer eher mäßigen dendritischen Hemmung der pyramidalen Neuronen erlebt, wodurch die Synchronisation ganzer pyramidaler Populationen verringert sein könnte (Brummelte et al., 2007).
Daher bestätigen diese neuen Ergebnisse weiter unsere Hypothese, dass viele Transmittersysteme eine hohe neuronale Plastizität aufweisen, und dies teilweise sogar im Erwachsenenalter. Weiterhin unterstreicht unser Ansatz einer frühkindlichen systemischen Störung die hohe Interdependenz der verschiedenen Transmittersysteme, da er zu vielen komplizierten Veränderungen in den neuroanatomischen Netzwerken führt, die wiederum zum Teil einigen beobachteten Veränderungen und Defiziten von schizophrenen Personen ähneln.