Die Entdeckung neuer magnetoelektronischer Effekte hat weltweit einen Boom von Forschungsprojekten ins Leben gerufen und innerhalb relativ kurzer Zeit Produktinnovationen hervorgebracht, die gute Aussichten auf eine marktbeherrschende Stellung haben. Im Gegensatz zu dieser rasanten Entwicklung neuer Produkte sind die physikalischen Grundlagen und die verwendeten Systeme noch keineswegs so gut verstanden wie z.B. die Physik der Halbleiter.
In dieser Arbeit wurden in Zusammenarbeit zwischen der Universität Bielefeld und der Siemens AG die auf dem Tunnelmagnetowiderstand (TMR) basierenden Speicherzellen für einen magnetischen Schreib-Lese-Speicher (Magnetic Random Access Memory, MRAM) hinsichtlich ihrer thermischen, magnetischen und dielektrischen Stabilität untersucht. Prinzipiell besteht das geplante MRAM aus einer großen Zahl in Matrixform angeordneter Speicherzellen. Als einzelne Speicherzelle wird ein sogenanntes Tunnelelement verwendet. Dieses besteht aus zwei ferromagnetischen Elektroden, welche durch eine ca. 1 nm dicke Isolatorschicht voneinander getrennt sind. Bei paralleler Orientierung der Magnetisierungen der Elektroden findet sich bei den meisten Systemen ein geringerer Tunnelwiderstand als bei einer antiparallelen Ausrichtung. Dieser Effekt wird als TMR bezeichnet. Den beiden Orientierungen kann jeweils die logische "1" bzw. die logische "0" zugeordnet werden. Die Schaltfelder der beiden Elektroden sind so gewählt, dass das Schreiben einer Speicherzelle nur aus dem Ummagnetisieren der weichmagnetischeren Elektrode (Speicherschicht) besteht, die Magnetisierung der hartmagnetischen Elektrode soll nicht verändert werden. Der Leseprozess entspricht der Messung des Tunnelmagnetowiderstandes. Als hartmagnetische Elektrode wurde in den hier untersuchten Tunnelelementen ein sogenannter künstlicher Antiferromagnet (Artificial Antiferromagnet, AAF) verwendet (Co/Cu/Co oder CoFe/Ru/CoFe).
Die Motivation für die durchgeführten Untersuchungen ist aus Sicht der potentiellen Anwendung offensichtlich: Die MRAM-Technologie muss kompatibel zur etablierten Halbleiter-Prozesstechnik sein, bei der z. Zt. Temperaturen von 400°C auftreten (thermische Stabilität). Die Magnetisierung der hartmagnetischen Schicht darf durch den Ummagnetisierungsprozess während des Schreibens der Speicherschicht nicht verändert werden, da sonst die Speicherzelle magnetisch zerstört wird (magnetische Stabilität). Die Speicherzelle darf durch die beim Lesen angelegte Betriebsspannung nicht zerstört werden (dielektrische Stabilität). Bei den hier durchgeführten Untersuchungen stand vor allem das Verständnis für die physikalischen Vorgänge im Vordergrund, welche die Stabilität der Tunnelelemente beeinflussen. Dies ist insbesondere wichtig, um Fehlerursachen beseitigen und Weiterentwicklungen vorantreiben zu können.
Die Untersuchung der magnetischen Stabilität hat gezeigt, dass die Entmagnetisierung des AAF für externe Felder <= 4kA/m durch Domänenwandstreufelder erklärt werden kann, welche beim Ummagnetisieren der Speicherschicht entstehen. Die Ummagnetisierung der Speicherschicht mittels zweier orthogonaler, zeitlich versetzter Feldpulse kann dagegen die Entmagnetisierung des AAFs verhindern.
Die Untersuchung der thermischen Stabilität hat gezeigt, dass das System mit CoFe/Ru/CoFe-AAF (die maximale TMR-Amplitude betrug 37 v.H. nach Auslagerung bei 300°C) thermisch stabiler ist als das System mit Co/Cu/Co-AAF. Alle gefundenen Veränderungen der Transporteigenschaften und der magnetischen Eigenschaften wurden strukturellen Veränderungen im Schichtsystem gegenübergestellt, welche mittels Auger-Tiefenprofilanalyse, XRD, TEM, EELS und anderen physikalischen Messmethoden identifiziert wurden.
Die Untersuchung der dielektrischen Stabilität hat gezeigt, dass durch die thermische Auslagerung der Tunnelelemente Defekte in der Barriere ausheilen. Dies führt zu einem starken Anstieg der Durchbruchsspannung. Die dielektrische Stabilität sollte daher keinen limitierenden Faktor für den Betrieb eines MRAM darstellen.