Das Bodenbakterium Sinorhizobium meliloti besitzt seit vielen Jahrzehnten als stickstofffixierendes Bakteroid in der Symbiose mit der Futterpflanze Luzerne (Alfalfa; Medicago sativa) eine große Bedeutung für die Landwirtschaft Argentiniens und Uruguays. Doch die Erträge bei dem Anbau der Futterpflanze für die Viehzucht in beiden Ländern sanken in den vergangenen Jahren in einem starken Maß auf Grund veränderter Umweltbedingungen, insbesondere aber durch den steigenden Säuregehalt der Anbauflächen. Die Effekte eines sauren Milieus auf S. meliloti und die Entwicklung eines Verfahrens zur Produktion von säuretoleranten Starterkulturen aus Bodenbakterien bildeten zwei Schwerpunkte dieser Arbeit. Den von dem Bodenbakterium S. meliloti synthetisierten und sekretierten Lipochitooligosacchariden, den Nodulationsfaktoren, wird neben ihrer wichtigen Funktion bei der Etablierung der Symbiose mit der Luzerne auch in Nicht-Wirtssystemen von Pflanzen und Tieren eine immer größere Rolle zugemessen. Im dritten Teil dieser Arbeit wurde deshalb ein Fermentationsverfahren mit einem integrierten Adsorptionskreislauf zur Gewinnung dieser Glykolipide entwickelt.
Die in dieser Arbeit dargestellten Resultate belegen, dass der in Argentinien isolierte (semi-)säuretolerante Bodenbakterienstamm S. meliloti LPU63 sein Verhalten je nach Säuregehalt in seiner Umgebung radikal umstellt. Es konnte gezeigt werden, dass er in Abhängigkeit vom pH-Wert sein Wachstum reduziert, unter Säurestress eine bis zu 11-fach höhere Menge an Nodulationsfaktoren synthetisiert und mehr Exopolysaccharide als unter neutralen Kultivierungsbedingungen produziert. In vergleichenden, kontinuierlichen Kultivierungen von S. meliloti LPU63 und dem Wildtypstamm S. meliloti 2011 im Rührkessel mit einer stufenweisen Absenkung des pH-Wertes von 6,8 auf 6,2 in der Fermentationslösung konnte gezeigt werden, dass der Wildtypstamm S. meliloti 2011 nicht über die gleichen Möglichkeiten zur Umstellung seines Lebenzyklus verfügte wie S. meliloti LPU63.
Zur Produktion von Sinorhizobien-Starterkulturen (Inokula) für die Landwirtschaft haben sich sowohl unbehandelte Zuckerrohr- wie auch Zuckerrübenmelassen als geeignete Basis für ein Kultivierungsmedium erwiesen. In einem 3-prozentigen Zuckerrübenmelassemedium bei Zulaufkultivierungen des Stamms S. meliloti LPU63 mit Zufütterung eines 10-fach-Mediumkonzentrats wurden Biomasseausbeuten bis zu X = 14,8 g·L-1 und Lebendzellzahlen bis zu N = 4,4·1010 cfu·mL-1 erzielt. Auffällig bei den Zulaufkultivierungen von S. meliloti LPU63 in dem Zuckerrübenmelassemedium war eine verstärkte Exopolysaccharidsynthese und eine starke Agglutination der Sinorhizobien im Vergleich zur Kultivierung der Bodenbakterien im TY-Medium, was sich im Hinblick auf eine Anwendung in der Landwirtschaft als vorteilhaft erweisen kann.
Für die Gewinnung der von dem Produktionsstamm S. meliloti 1021pEK327 synthetisierten und sekretierten Nodulationsfaktoren aus einer wässrigen Suspension hat sich von allen getesteten, sphärischen Adsorptionsmatrices Amberlite® XAD-2 pract. als das geeignete Material erwiesen. Die geringe Geschwindigkeit bei der Adsorption der Lipochitooligosaccharide an dieses lipophile Harz muss auf den amphipathischen Molekülaufbau der Signalmoleküle zurückgeführt werden. In dem in dieser Arbeit entwickelten Produktionsverfahren mit integriertem Adsorptionskreislauf konnten im 20 L Pilot-Maßstab bei einer Gesamtverfahrenszeit von 67,3 h 610 mg an Nodulationsfaktoren-Lyophilisat gewonnen werden. Mit diesem neuen, integrativen Verfahren konnte die Verfahrenszeit um 26,3 v.H. gegenüber den herkömmlichen Produktionsmethoden verkürzt und der apparative Aufwand gleichzeitig reduziert werden, und dies ohne einen Verlust der Produktqualität.