Mobilität und Bioverfügbarkeit toxischer Metallionen in pflanzlichen Organismen sind wichtige Fragen der aktuellen Umweltchemie, da durch direkten anthropogenen Eintrag und durch Mobilisierung von natürlich vorliegenden Mineralien (aufgrund des sauren Regens oder natürlicher pH-Wert Absenkung in Böden) toxische Metallionen wie Cadmium-, Nickel- oder auch Kupferionen in hohen Konzentrationen für Pflanzen verfügbar werden und damit in die Nahrungskette gelangen. Es existieren zahlreiche Spezies, die gegen toxische Metallionen resistent sind, obwohl diese in großen Mengen in Böden bioverfügbar vorliegen. Selbst die im Holz eingelagerten Metallionen sind nicht vollständig immobil. Erhebliche Anteile sind beweglich oder mobilisierbar und können in Abhängigkeit von der Zusammensetzung des Xylemsaftes als Transportmedium bzw. der Xylemwände als stationäre Phase remobilisiert und umgelagert werden. Bislang ist der Mechanismus, der diese Resistenz bewirkt, einschließlich Verteilungsgleichgewichte, Adsorption, chemische Bindung und Remobilisierung der Schwermetallionen in Pflanzen nicht zusammenhängend untersucht worden.
Im Rahmen eines interdisziplinären Projektes sollen chemische Bindungsformen, Mobilität und Bioverfügbarkeit von Nickelionen in Pflanzen am Beispiel der Ni2+-Resistenz von Quercus Ilex, einer mediterranen immergrünen Eichenart aus Bragança (Portugal), aufgeklärt werden. An der Universität Coimbra (Portugal) wird dazu die Zusammensetzung des Xylemsaftes von Quercus Ilex in monatlichen Abständen sowohl auf Mineralstoffgehalt (Atomabsorptionsspektroskopie) als auch auf organische Moleküle (HPLC) analysiert. Die in der vorliegenden Arbeit durchgeführten Untersuchungen konzentrieren sich auf die Wechselwirkungen zwischen Schwermetallionen und Xylembestandteilen. Die Xylemwände als stationäre Phase bestehen aus Cellulose, Lignin und Pektin, wobei in erster Linie die negativ geladenen Carboxylatgruppen Bindungsstellen für im Xylemsaft gelöste Kationen darstellen. Pektin liefert den größten Anteil an potentiellen Bindungsstellen und wird deshalb als Modellsubstanz ausgewählt.
Um Prognosen über die Bindungsform von Metallionen im Xylem und damit Aussagen über Gefährdungspotentiale vornehmen zu können, muss deren Komplexierungs- und Adsorptionsverhalten eingehend untersucht werden. Weiterhin müssen zur quantitativen Auswertung der Bindungsisothermen die Bindungen konkurrierender Kationen - insbesondere Protonen, Alkali- und Erdalkaliionen - ebenfalls bekannt sein. In dieser Arbeit kann durch detaillierte Messungen dieser Einfluss der ebenfalls im Xylemsaft enthaltenen Nährsalze nachgewiesen werden. Zur vollständigen Beschreibung des Gleichgewichts werden zusätzlich kalorimetrische Messungen durchgeführt, die die Berechnung der Bindungsenthalpien und -entropien ermöglichen. Des weiteren können aufgrund der viskosimetrischen Untersuchungen Aussagen über Polymerstrukturen und Konformationsänderungen getroffen werden. So kann ein komplexiertes Nickelion mit einer zweiten Carboxylgruppe wechselwirken, was zu einer kompakteren Struktur des geladenen Polymers und damit zur Erniedrigung der Viskosität führt.
Nur mit Hilfe der kinetischen Messungen ist es möglich, zwischen einzelnen Bindungsarten - Assoziation aufgrund elektrostatischer Wechselwirkungen, Bindung von einzähnigen Liganden, Bildung von Chelaten bzw. bis-Komplexen - zu differenzieren. Die parallele Studie des Gleichgewichts und der Kinetik erlaubt außerdem, die Gültigkeit des aufgestellten Reaktionsschemas zu überprüfen. Sämtliche Gleichgewichtsmessungen und Messungen zur Aufklärung der Reaktionskinetik werden in Gegenwart von Nickelionen bei verschiedenen pH-Werten, Pektin-, Inertsalzkonzentrationen und in physiologisch relevanten Konzentrationsbereichen durchgeführt.