Diskriminierung zeigt sich auf differenzierte Art und Weise: Einige Gruppen werden angegriffen, andere ausgeschlossen oder ignoriert, wieder andere erfahren besondere Zuwendung und Schutz. Welche Faktoren bestimmen, wie Diskriminierung in Intergruppenbeziehungen aussieht? In der Sozialpsychologie hat sich ein bemerkenswerter Konsens bezüglich der wesentlichsten Dimensionen für die Bewertung von Individuen und Gruppen herausgestellt: Wärme ("Ist die Person/Gruppe Freund oder Feind?") und Kompetenz ("Ist die Person/Gruppe in der Lage, ihre Ziele zu erreichen?"). In dieser Dissertation wird eine auf diesen Dimensionen beruhende Systematik diskriminierenden Verhaltens aufgestellt und empirisch getestet. Dazu werden Annahmen der BIAS Map (Cuddy, Fiske & Glick, 2007) und des Syndroms Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (Heitmeyer, 2002; Zick et al., 2008) integriert und die Frage abgeleitet, ob grundlegende, konsensuelle Stereotype die Basis für spezifische Formen von individueller Diskriminierung gegenüber unterschiedlichen Gruppen bilden. Es wird angenommen, dass diese Stereotype eine Orientierungs- und Rechtfertigungsmöglichkeit für diskriminierendes Verhalten darstellen. Dabei untersuche ich in einer korrelativen und zwei experimentellen Studien sowohl Verhaltensintentionen als auch unterschiedliche Formen von Diskriminierung.
In einer Vorstudie werden zunächst als Grundlage für die folgenden Untersuchungen konsensuelle Stereotype verschiedener Gruppen auf Basis von Wärme und Kompetenz erfasst. In der folgenden Studie 1 wird der Zusammenhang diskriminierender Verhaltensintentionen gegenüber unterschiedlichen Gruppen an einer repräsentativen Bevölkerungsstichprobe untersucht. Dabei zeigt sich, dass Diskriminierungsintentionen besonders stark gegenüber solchen Gruppen zusammenhängen, die auch ähnlich stereotypisiert werden. Studie 2 zeigt einen kausalen Effekt konsensueller Stereotype auf individuelle Diskriminierung: Je nachdem, ob andere Personen einer warmen/inkompetenten oder einer kalten/kompetenten Gruppe angehören, werden sie bei unterschiedlichen Anforderungen diskriminiert. In Studie 3 wird dieser Befund noch einmal differenziert: In einem Computerexperiment, bei dem die Versuchspersonen den Eindruck haben, mit einer anderen Person zu interagieren, zeigen sie spezifisches, aus der BIAS Map abgeleitetes Verhalten gegenüber Angehörigen unterschiedlicher Gruppen: Gegenüber verschiedenen kalten/kompetenten Gruppen wird aggressives, gegenüber warmen/inkompetenten Gruppen helfendes Verhalten gezeigt.
Die drei Studien sprechen für den Einfluss fundamentaler Bewertungsdimensionen auf konsensueller Ebene auf das individuelle Verhalten und stellen eine erstmalige Erweiterung der BIAS Map auf individuelles diskriminierendes Verhalten dar. Es zeigt sich, dass sich eine Systematik diskriminierenden Verhaltens auf Grundlage wesentlicher Bewertungsdimensionen im Intergruppenkontext aufstellen lässt, die erklären kann, gegenüber welchen Gruppen welches Verhalten gezeigt wird.