Der Trypsin-Kallikrein-Inhibitor wurde 1930 von Kraut et al. entdeckt und bereits 1936 isoliert und kristallisiert. Die tatsächliche Struktur des Inhibitors wurde aber erst durch Sequenzanalyse von Kassel et al. (1965) und zeitgleich von Anderer (1965) sowie durch Röntgenkristallstrukturanalyse von Huber et al. (1970) bestimmt.
Der Trypsin-Kallikrein-Inhibitor ist ein substratanaloger Proteinaseinhibitor. Die reactive site-Bindung P1 -P'1 (Nomenklatur nach Schechter und Berger, 1967) des Inhibitors entspricht der zu spaltenden Bindung des Substrats. Im Gegensatz zu Substraten bilden substratanaloge Inhibitoren mit dem Enzym einen stabilen Komplex. Neben Trypsin werden auch die Proteinasen Plasmin, Kallikrein und Chymotrypsin gehemmt, so dass man beim TKI von einem "polyvalenten" Inhibitor spricht.
Durch Austausch der spezifitätsbestimmenden Aminosäure Lys15, zunächst nach semisynthetischen und später nach rekombinanten Methoden, können Inhibitorhomologe mit völlig veränderten Hemmeigenschaften entstehen. Auch der Ersatz der Amidfunktion der potentiellen Spaltstellen in Inhibitoren und Enzymsubstraten ist Gegenstand aktueller Forschung. Neben der P1-Position der Proteinaseinhibitoren ist auch der Einfluss der P- und der P'-Region von großer Bedeutung. TKI-Homologe mit veränderten Aminosäuren in den P'1- und P'2-Positionen zeigen, abhängig von der Größe der Seitenketten der neu eingeführten Aminosäuren, eine zum Teil erheblich veränderte Inhibitorbandbreite.
Selektive Variationen von Proteinasen und ihren Inhibitoren und die Beobachtung der resultierenden Effekte, wie Änderung der Enzymaktivitäten bzw. Hemmeigenschaften, sind neben kinetischen Betrachtungen zu einem viel verwendeten Instrument der Mechanismenaufklärung in der Biochemie geworden. Ergänzt wird dieses durch zahlreiche Informationen aus Kristallstrukturen verschiedener Proteinase-Inhibitor-Komplexe, Struktur-Funktion-Beziehungen und theoretischen Betrachtungen. Sie alle leisten einen Beitrag zum Verständnis enzymkatalysierter Reaktionen und substratanaloger Hemmung.
Durch Optimierung und Kombination der bekannten semisynthetischen Methoden gelingt die Darstellung einer Reihe von Homologen und Derivaten des Trypsin-Kallikrein-Inhibitors, die zur Klärung offen stehender Sachverhalte erheblich beitragen.
Sowohl mit Hilfe der präparativen organischen Chemie als auch mit den Methoden der klassischen Peptidchemie werden Synthesestrategien zur Darstellung verschiedener peptidanaloger Strukturelemente und nicht proteinogener Fragmente entwickelt, die den Bereich des Bindungsloops zwischen der P1- und der P'2-Aminosäure des Trypsin-Kallikrein-Inhibitors ersetzen sollen.