In dieser Arbeit sollen mit Hilfe verschiedener moderner Techniken Fluoreszenzuntersuchungen an Proteinen unter Verwendung des intrinsischen Fluorophors Tryptophan durchgeführt werden. Die Abhängigkeit der Tryptophanfluoreszenz von der Polarität der Umgebung soll dabei Rückschlüsse über die Umgebung der analysierten Tryptophanreste und somit strukturelle Informationen über das untersuchte Protein zulassen. Auch soll eine fluoreszenzspektroskopische Lösungsmittelstudie mit verschiedenen Tryptophan-Analoga durchgeführt werden, bei der unterschiedliche Fluorophor-Umgebungen durch die verwendeten Lösungsmittel simuliert werden.
Dazu werden zwei experimentelle Aufbauten verwendet: Mit Hilfe eines Kurzpulslasers und der dazu gehörenden Detektionseinheit werden Messungen der simultan zeit- und wellenlängenaufgelösten Fluoreszenz durchgeführt. Die Analyse des zeitlichen Abklingens der Fluoreszenz auf einer Pikosekunden-Zeitskala liefert als primäres Ergebnis Fluoreszenzlebenszeiten, die Aussagen über photophysikalische Prozesse nach der Anregung ermöglichen. Außerdem werden mit Hilfe eines innerhalb der Arbeitsgruppe entwickelten Anregungs-Emissions-Spektrometers die statischen Spektren der Proben untersucht: Bei der Anregungs-Emissions-Spektroskopie werden nahezu simultan alle Anregungs- und Emissionsspektren der untersuchten Substanzen aufgenommen, über die ein fluoreszenzspektroskopischer "Fingerabdruck" der Probe erhalten wird. Über die Kombination der Ergebnisse aus beiden Aufbauten werden umfangreiche Aussagen über die untersuchten Systeme ermöglicht. Das hohe Anwendungspotential von kombinierten dynamischen und statischen Fluoreszenzuntersuchungen zur Umgebungsanalyse von Fluorophoren soll in dieser Arbeit an mehreren Systemen demonstriert werden.
In einer Lösungsmittelstudie soll die Fluoreszenz von verschiedenen Tryptophan-Analoga im Vergleich zu Tryptophan in Abhängigkeit der Umgebungspolarität analysiert werden. Diese Untersuchungen werden mit dem Ziel durchgeführt, Tryptophan-Analoga zu identifizieren, die von Tryptophan stark unterschiedliche Fluoreszenzeigenschaften zeigen und sich somit als Substituenten für Tryptophan bei Proteinfluoreszenz-Untersuchungen anbieten. Tryptophan-Analoga werden zwar schon teilweise als Fluoreszenzsonden in Proteine inkorporiert, eine systematische und umfassende Untersuchung ihrer statischen und dynamischen Fluoreszenzeigenschaften steht bislang jedoch noch aus.
Die Eignung fluoreszenzspektroskopischer Methoden zur Umgebungsanalyse von Fluorophoren in Proteinen soll dann an zwei Proteinsystemen vorgeführt werden: Im Rahmen einer Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Prof. K.-J. Dietz (Lehrstuhl für Stoffwechselphysiologie und Biochemie der Pflanzen, Fakultät für Biologie, Universität Bielefeld) soll das redox-abhängige Protein 2-Cystein Peroxiredoxin aus Gerste fluoreszenzspektroskopisch untersucht werden. Mit Hilfe von Einzeltryptophan-Mutanten soll dabei gezielt die Umgebung der beiden intrinsischen Tryptophanreste an den Positionen 99 und 189 untersucht werden. Spezielles Interesse wird dabei auf das Aggregationsverhalten des Proteins gelegt, da es im oxidierten Zustand über zwei Disulfidbrückenbindungen verknüpft dimer vorliegt, bei Reduktion jedoch in einigen Organismen nicht Monomere, sondern Multimere gebildet werden.
In Kooperation mit Prof. K. Burda (Henryk Niewodniszanski Institut für Kernphysik, Krakau, Polen) soll das Manganstabilisierende Protein aus Spinat fluoreszenzspektroskopisch analysiert werden. Dieses Protein nimmt eine essentielle Rolle im Photosystem II ein und ist dort vermutlich an der Koordination des katalytisch aktiven Mn4-Clusters beteiligt. Da seine Struktur bislang nicht aufgeklärt werden konnte, soll mit fluoreszenzspektroskopischen Techniken die Umgebung des einen vorhandenen Tryptophanrestes untersucht werden, um so Rückschlüsse auf die Struktur des Proteins zu ermöglichen. Da als eine der möglichen Funktionen des Manganstabilisierenden Proteins die Bindung von Ionen diskutiert wird, wird des Weiteren die Interaktionsfähigkeit des Proteins mit verschiedenen zwei- und dreiwertigen Ionen überprüft.
Zur Untersuchung der Proteinsysteme werden verschiedene Fluoreszenztechniken eingesetzt, die eine Quantifizierung der Ergebnisse ermöglichen: So werden systematische Untersuchungen zur Fluoreszenzlöschung (Quenching) von Tryptophan eingesetzt, um die Zugänglichkeit des jeweiligen Fluorophors im Protein zu bestimmen. Über fluoreszenzspektroskopische Entfaltungsstudien werden Proteinstabilitäten bestimmt, die indirekt Rückschlüsse auf die Proteinstruktur zulassen. Zur Untersuchung der Ionenbindung werden fluoreszenzspektroskopische Bindungsstudien durchgeführt, um die Dissoziationskonstanten der Protein-Ion-Komplexe zu bestimmen.