Das Immunsystem der Wirbeltiere ist ein aus verschiedenartigen Zellen bestehendes System, das den Organismus vor Krankheitserregern schützt. Im Falle einer Infektion vermag es die Erreger meist zu eliminieren und dem Individuum anschließend einen langanhaltenden Schutz vor einer erneuten Infektion mit dem gleichen Erreger zu verleihen. Das Immunsystem wird im wesentlichen von Leukocyten gebildet, von denen B- und T-Lymphocyten das sog. adaptive Immunsystem darstellen. B- und T-Lymphocyten besitzen hochspezifische Rezeptoren, die an Pathogene oder deren Bestandteile (allg. Antigene) binden können. Diese Antigenrezeptoren lösen durch Bindung an ein Antigen Signale im Inneren der Zelle aus, die für deren Aktivierung und die darauffolgende Initiation einer Immunantwort notwendig sind. Das cytoplasmatische Adapterprotein SLP-65 ist für B-Zell-Antigenrezeptor-(BCR-)vermittelte Signalleitungsereignisse essentiell, da es signalleitende Enzyme und deren Substrate in multimolekularen Komplexen organisiert. Ohne diese Organisation verläuft die Aktivierung nachfolgender biochemischer Prozesse ineffizient oder bleibt gänzlich aus, was beim Menschen eine schwere Immundefizienz zur Folge hat. Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten biochemischen Untersuchungen zur Funktion von SLP-65 führten zu der Entdeckung, dass SLP-65 über seine SH2-Domäne direkt mit der BCR-Komponente Ig-[alpha] interagiert. Diese Interaktion erfolgt über eine außerhalb des ITAMs gelegene, bis dato unbekannte Phosphorylierungsstelle in Ig-[alpha], Tyrosin 204 (Y 204). Des weiteren konnte demonstriert werden, dass SLP-65 essentiell für die Funktion des Latenten Membranproteins 2A (LMP2A), eines Proteins des Epstein-Barr Virus (EBV), ist. Das EBV infiziert selektiv B-Lymphocyten, in denen es einen lebenslangen latenten Infektionszustand etablieren kann. LMP2A ist an der Aufrechterhaltung der Latenz beteiligt und bedient sich zu diesem Zweck, wie in dieser Arbeit gezeigt wird, des SLP-65-Proteins.
Ein weiteres Ziel dieser Arbeit war die Identifizierung neuer signalleitender Proteine in Lymphocyten. Mittels Recherche in Sequenzdatenbanken konnten zwei neue Gene identifiziert und deren cDNAs kloniert werden. Bei den davon abgeleiteten Proteinen, p120 und NBP64, handelt es sich vermutlich um Adapterproteine, da bekannte katalytische Domänen nicht vorhanden sind. p120 weist Homologie zu den hämatopoetischen Adapterproteinen ADAP und PRAM-1 auf. Ferner assoziiert es wie diese in vitro mit Proteinen der SKAP-Familie. NBP64 enthält eine BEACH-Domäne und mehrere WD40-repeats, sowie vermutlich eine PH-ähnliche Domäne. Die Funktion aller dieser Domänen ist unklar, jedoch sind keine BEACH-Domänen oder WD40-repeats enthaltenden Proteine mit katalytischer Aktivität bekannt. Während die Expression von p120 nicht abschließend geklärt ist, wird NBP64 präferentiell in lymphatischem Gewebe exprimiert.
Zusammengenommen werden in dieser Arbeit neue Eigenschaften des BCRs und des Adapterproteins SLP-65 in normalen und EBV-infizierten B-Zellen beschrieben. Des weiteren werden zwei neue Adapterproteine, p120 und NBP64, vorgestellt.