Seit der Jahrtausendwende hat sich in Deutschland eine stetig steigende Anzahl von Schülerlaboren etabliert. In diesen Bildungsinnovationen wird das Interesse an den MINT-Fächern gefördert, indem Schülerinnen und Schüler dort eigenständig experimentieren. So soll die naturwissenschaftliche Grundbildung und der Nachwuchs für die MINT-Berufe unterstützt werden. Es werden klassische Schülerlabore zur Breitenförderung von Schülerforschungszentren zur Begabtenförderung unterschieden. Zudem können Schülerlabore als Lehr-Lern-Labore zur Ausbildung von Lehramtsstudierenden dienen, indem sowohl das Unterrichten als auch das Experimentieren praktisch umgesetzt werden. In bisherigen Arbeiten konnten bereits positive Effekte klassischer Schülerlabore auf motivationale Variablen und das Wissen von Schülerinnen und Schülern nachgewiesen werden. Jüngste Arbeiten beschäftigten sich auch mit den Spezifika von Schülerforschungszentren und Lehr-Lern-Laboren.
Auf dieser Ausgangssituation basierend wurde im teutolab-biotechnologie an der Universität Bielefeld ein aus drei Säulen bestehendes umfassendes Schülerlaborkonzept entwickelt. Die Angebote zur Breitenförderung (Säule A), zur Ausbildung von Lehramtsstudierenden (Säule B) und zur vertieften Förderung besonders interessierter Schülerinnen und Schüler (Säule C) wurden in einer Design-Based-Research-Studie mit quantitativen und qualitativen Methoden untersucht. Bei diesem Forschungsrahmen stehen die theoriebasierten Neu- und Weiterentwicklungen von Bildungsangeboten im Zentrum der Betrachtungen, um Innovationen in die Praxis zu übertragen.
In der Entwicklungssäule zur Breitenförderung (Säule A) wurden zunächst ergänzend zu dem Workshop ‚Dem Lambda-Phagen auf der Spur‘ die eintägigen Workshops ‚Barcoding von Orchideen‘ und ‚Molekulargenetische Tierartendifferenzierung‘ entwickelt. In allen Kontexten werden abiturrelevante molekularbiologische Methoden angewendet. Es wurde gezeigt, dass die Praktikumstage und deren schrittweise Fortentwicklungen der didaktischen Konzeption zu positiven Effekten führen: Die Laborbesuche erfahren eine hohe Akzeptanz und werden intrinsisch motiviert und mit hohem situationalem Interesse erlebt. Die Schülerinnen und Schüler erzielen einen großen Wissenszuwachs, der auch langfristig gut erinnert wird. Eine stärkere Akzentuierung des Forschenden Lernens in Kombination mit der Erstellung eigener Abbildungen zu den angewendeten Methoden führt zu höherem Wissenserwerb während der Workshops. Die Verwendung von Materialien zur Einbindung in den Unterricht wirkt sich förderlich auf das Vorwissen, den Wissensbehalt und die intrinsische Motivation aus. Durch den Einsatz neuer Medien in Form eines Life-Feedback-Systems wiederum werden der Wissenserwerb, die intrinsische Motivation und das situationale Interesse gesteigert. Das Lernsetting wird als konstruktivistisch, jedoch mit nur teilweiser Selbststeuerung wahrgenommen. Die Schülerinnen und Schüler stimmen zu, autonomieförderlich und auch forschend gelernt zu haben. Ihre Fähigkeiten stimmen weitestgehend mit den Anforderungen überein, so dass ein Flow-Erleben entsteht.
In der Entwicklungssäule zum Lehr-Lern-Labor (Säule B) konnte gezeigt werden, dass ein im teutolab-biotechnologie im Bachelorstudium durchgeführtes Praktikum nachweislich zur Professionalisierung der Studierenden beiträgt. Der außerschulische Lernort bietet eine gute Möglichkeit, Teamteaching umzusetzen, intensiv zu reflektieren und den Umgang mit unterschiedlichen Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler zu trainieren.
In der Säule zur Begabtenförderung (Säule C) wurden vier Entwicklungen zur Unterstützung besonders interessierter Schülerinnen und Schüler untersucht. Mit der CeBiTec-Schülerakademie und der teutolab-Akademie wurden zwei unterschiedliche Konzepte für Veranstaltungen in den Schulferien angeboten. Bei dem Lab2Venture-Projekt und dem Erasmus-Projekt wurden schuljahresbegleitende Projektarbeiten umgesetzt. Die Analyse der Fazits der Schülerinnen und Schülern belegt unterschiedliche Schwerpunkte in Bezug auf die experimentellen Anteile und den sozialen Austausch. Trotz der unterschiedlichen Konzepte konnten für alle Veranstaltungen eine hohe Akzeptanz, ein großes situationales Interesse und der Erwerb von Schlüsselkompetenzen nachgewiesen werden. Dabei nutzen die Schülerinnen und Schüler die Angebote intensiv zur Studien- und Berufsorientierung.
Die theoriegeleitet entwickelten Unterrichtsmaterialien und die Analyse des Gesamtkonzeptes verdeutlichen, wie gewinnbringend Schülerlabore sowohl in der Breiten- und Begabtenförderung von Schülerinnen und Schülern als auch in der Ausbildung Lehramtsstudierender genutzt werden können. Die vorliegende Arbeit leistet somit einen praxisorientierten Beitrag zum schulischen und zum universitären Bildungssystem.