Eine Schädigung der oberflächlichen Beugesehne (OBS) an den vorderen Extremitäten des Pferdes führt nicht selten zu einer Außerdienststellung, die in schwerwiegenden Fällen in einer Euthanasie des Tieres resultiert. Das Ziel dieser Arbeit ist es, neben der Ergründung der Schädigungsmechanismen einer initial intakten equinen OBS, die Eignung eines implantierten dezellularisierten Ersatzgewebes zur Behandlung eines topischen Schädigungsabschnittes zu evaluieren.
Nach einer zyklischen Belastung wird der Schädigungsbeginn durch Inhomogenitäten der Matrix, in Form von interfibrillaren Aufweitungen und Diskontinuitäten innerhalb der Kollagenstruktur, bis hin zu einer vollständigen Ruptur im mittleren Metakarpalbereich deutlich. Ein größerer Crimp-Winkel im peripheren Areal führt zu einer größeren Toe-Dehnung, was im Umkehrschluss in einer frühzeitigen Belastung der zentralen Fasern resultiert. Neben den rein strukturbedingten Einflussfaktoren konnten zusätzlich biochemische Verformungseinflüsse registriert werden. Ein für die Festigkeit der Sehne ausschlaggebender höherer Fibrillenanteil, gemessen am gesamten Gewebekonstrukt, sorgt im zentralen Areal für einen höheren Elastizitätsmodul, was zusätzlich für eine höhere Belastung in dieser Zone bei einer identischen Dehnung der peripheren Fasern führt.
Zur Vermeidung eines minderwertigen Narbengewebes in dem läsionierten Sehnenabschnitt ist eine Eignung des dezellularisierten Spendergewebes als implantierte Ersatzstruktur bis zu einer definierten Belastung gegeben. Auf Grundlage vorhandener in vivo Studien kann während der Rekonvaleszenzzeit lediglich eine gering belastende Schrittbewegung des Pferdes, verbunden mit einem geeigneten Bewegungsuntergrund, empfohlen werden, um eine erneute Ruptur in dem Behandlungszeitraum zu unterbinden. Eine Behandlung des rupturierten Sehnenabschnittes mit einer geeigneten Nahttechnik wird zur Fixierung der Kollagenstruktur weiterhin notwendig sein. Vielmehr könnte das dezellularisierte Implantat als Füllmaterial den Heilungsverlauf positiv beeinflussen. Eine hinreichende Festigkeit der Implantatstruktur oberhalb der zulässigen Belastbarkeit der Nahtverbindung ist nachweislich mit Hilfe der Erkenntnisse dieser Arbeit gegeben.