Für junge Menschen mit Behinderung besteht in der Eingliederungshilfe eine aufgeteilte Zuständigkeit: Kinder und Jugendliche mit einer seelischen Behinderung erhalten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Achtes Buch VIII –Kinder- und Jugendhilfe, jene mit einer geistigen oder einer körperlichen Behinderung nach dem Sozialgesetzbuch – Zwölftes Buch – Sozialhilfe (Stand 2016) bzw. mit Inkrafttreten des Bundesteilhabegesetztes (BTHG) nach dem Sozialgesetzbuch – Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Ausgangspunkt dieser Arbeit bildet ein Praxisproblem: fehlende individuelle Unterstützungsangebote für junge Menschen mit Behinderung und zusätzlichem schwerwiegendem herausforderndem Verhalten.
Als Forschungshypothese liegt die Annahme zugrunde, dass die Soziale Arbeit und damit auch die Eingliederungshilfe durch sozialpolitische Prozesse mitgeprägt werden. Folgende Forschungsfragen werden verfolgt: Welche Einflussfaktoren aus dem politischen Prozess können für die Eingliederungshilfe für junge Menschen mit Behinderung herausgearbeitet werden (Dokumentenanalyse mit Methoden der Politikfeldanalyse)? Welche Erklärungen können für das Auftreten des Praxisproblems benannt werden (qualitative Erhebung)? Tragen die Regelungen im BTHG dazu bei, das Praxisproblem zu lösen? (Dokumentenanalyse mit Methoden der Politikfeldanalyse.
Als relevante Einflussfaktoren auf die Eingliederungshilfe können insbesondere der Einfluss sozioökonomischer Determinanten aufgrund steigender Anzahl von Leistungsberechtigten, eine pluralistische und auch korporatistische Interessenvertretung und eine weiterhin, wenn auch etwas abgewandelte, pfadabhängige Ausrichtung der Eingliederungshilfe festgestellt werden. Die gesetzlichen Grundlagen in der Eingliederungshilfe ermöglichen individuelle Leistungsangebote, bei ihrer Implementierung zeigen sich Schwierigkeiten in der Praxis. Die empirische Erhebung zeigt, dass insbesondere die aufgeteilte Zuständigkeit aufgrund der Diagnosestellung, institutionelle Strukturen und ökonomische Faktoren als Erklärungen benannt. Betrachtet man die Umsetzungsmöglichkeiten durch das Bundesteilhabegesetz, kann die Annahme getroffen werden, dass die veränderten gesetzlichen Regelungen dazu beitragen können, dass in einer größeren Anzahl individuelle Unterstützungsangebote entwickelt werden und so ein Beitrag zur Lösung des Praxisproblems geleistet wird.