Die Daten zu diesem Dissertationsprojekt wurden auf der gamescom 2016 erhoben. Die alljährlich stattfindende Messe stellt eine gute Gelegenheit dar, Computerspiel(online/ offline)-affine Nutzer anzusprechen. Es konnte eine ausreichend große Gruppe motiviert werden, Wartezeiten zwischen Spielen/Events sowie bei An- und Abfahrzeiten dazu zu nutzen, um an der Befragung teilzunehmen. Insgesamt wurden N= 294 Personen im Alter von 14-30 Jahren (36,4% Frauen; 63,6% Männer) erfasst. Auf der Basis der CSAS-Normen (Computerspielabhängigkeitsskala) wurden sie nachträglich vom Verfasser nach Spielintensität in drei Gruppen der normalen (45,8%), exzessiven (37,4%) und pathologischen Computerspieler/innen (16,8%) eingeteilt.
Fragestellung: Zentrales Ziel der Studie war die Analyse des Zusammenhangs zwischen der Computerspielsucht und dem circadianen Rhythmus der Befragten. Weitere Forschungsfragen richteten sich auf Besonderheiten im sozialen Umfeld der Befragten in Abhängigkeit vom Grad der Computerspielsucht, auf Identifikationsprozesse beim Spiel sowie auf Differenzen in der Suchtentwicklung zwischen den Geschlechtern.
Methodisches Vorgehen: Verwertet wurden per Fragebogen erhobene Befragungsdaten. Neben den publizierten Skalen CSAS und PSAS wurden weitere Skalen eingesetzt, die im Rahmen einer Pilotstudie erprobt worden waren. In der statistischen Auswertung wurde die Dimensionalität und Homogenität der eingesetzten Skalen sorgfältig geprüft. Die Gruppendifferenzen wurden varianzanalytisch ermittelt. Ein Teil der Skalen stellte sich dabei als zu kurz heraus, um bereits gesicherte Erkenntnisse/Aussagen zu ermöglichen. Die verwendeten Instrumente wurden statistisch wie inhaltlich mit Blick auf die weitere Forschung ausgewertet und auch kritisch hinterfragt.
Ergebnisse: Es zeigte sich, dass Angehörige aller drei Gamergruppen (normale, exzessive und pathologische Computerspieler) ihre sozialen Beziehungen (Familie, Freunde) zwar mehrheitlich als gut beurteilen, 24% der Befragten jedoch angeben, überwiegend Online-Freunde zu haben. Ein Drittel der Befragten verfügt lediglich über befriedigende bis ausreichende soziale Unterstützung, 27% bewerten die Anerkennung in Schule und Beruf als lediglich befriedigend bzw. ausreichend. Für die Frauen in allen drei Spieler-Gruppen gilt: sie bewerten ihre soziale Situation durchgängig negativer als die männlichen Teilnehmer. Für beide Geschlechter gilt: Online-Anerkennung ist nicht die zentrale Spielmotivation. 24% der Befragten geben an, dass Gaming ihr Leben verändert hat. Eine Woche offline sein könnten nur knapp 21% der Befragten. Die Werte auf der PSAS (Pre-Sleep Arousal Scale) fallen für die Gesamtgruppe jedoch noch relativ gering (wenig besorgniserregend) aus. Auch Schlafdauer und Schlafqualität geben noch keinen Anlass zur Besorgnis, obwohl sich alle Werte zum circadianen Rhythmus der Befragten mit der Spielintensität statistisch signifikant verschlechtern, und zwar bei beiden Geschlechtern.
Deutliche Steigerungen zeigen sich jedoch auf der Verhaltensebene, so beim Essverhalten, insbesondere vor dem Computer. Problematisches Essverhalten nimmt mit steigender Spielintensität bei beiden Geschlechtern statistisch signifikant zu. Eine weitere Beobachtung: Die Frauen nähern sich zunehmend dem Nutzungsmuster der Männer an. Auch zeigt sich: Die Wahl des Spielgenre spielt bei verstärktem Gaming-Verhalten eine Rolle. Die Gründe für dieses und weitere Ergebnisse wurden umfassend analysiert und Schritte für die weitere Forschung aufgezeigt.