Die Entwicklung von Software-Systemen ist eine komplexe und anspruchsvolle Aufgabe, die bei großen Systemen meist auf mehrere Entwickler verteilt wird. Software-Entwicklungs-methoden strukturieren die Arbeit der Beteiligten: Sie legen Arbeitsschritte und Produkte fest, die in den einzelnen Schritten erzeugt oder verarbeitet werden. Produkte sind hier verschiedene Arten von Software-Dokumenten. Die Arbeit konzentriert sich auf die frühen
Software-Entwicklungsphasen Analyse und Entwurf, in denen Anforderungen ermittelt und Modelle wichtiger Aspekte des Systems erstellt werden. In diesen Phasen kommen Upper-CASE-Werkzeuge zum Einsatz, mit denen die verschiedenen Arten von Software-Dokumenten bearbeitet, geprüft und in andere Formate transformiert werden können. Die Werkzeuge müssen also die im jeweiligen Dokument verwendeten Konzepte (wie Entitätstyp, Klasse,
Vererbungsbeziehung) und die zugehörigen Notationen und Darstellungen unterstützen.
Die Anforderungen an CASE-Werkzeuge unterscheiden sich stark, da sie in unterschiedlichen Organisationen, von Personen mit unterschiedlichen Aufgaben und Zielen und zur Entwicklung unterschiedlicher Arten von Systemen eingesetzt werden - zum Teil sind die Anforderungen auch unbekannt, wenn in einem Projekt neue Wege beschritten werden.
Eine wichtige Anforderung an die Werkzeuge ist daher, daß sie an die jeweilige Einsatzsituation angepaßt werden können. Herkömmliche CASE-Werkzeuge erfüllen diese Anforderung nur unzureichend. Meta-Umgebungen erleichtern den Bau angepaßter Werkzeuge, allerdings konzentrieren sich die meisten bekannten Ansätze auf nur einen bestimmten Aspekt: Den Bau von CASE-Werkzeugen für einen gegebenen Dokumenttyp oder die Unterstützung des gegebenen Vorgehens- oder Prozeßmodells.
In der Arbeit wird ein Ansatz zum Bau von prozeßorientierten Software-Entwicklungsumgebungen entwickelt, mit dem CASE-Werkzeuge maßgeschneidert und mit dem Software-Entwicklungsprozeß integriert werden kÄonnen. Die resultierenden Umgebungen nutzen ein
Object Management System (OMS) als zentrales Repository.
Wichtige Merkmale sind die feingranulare Modellierung der Dokumente und eine Werkzeugarchitektur, mit der die Dienste des OMS zur Implementierung der Werkzeugfunktionen direkt ausgenutzt werden können. In der Arbeit wird ein Framework mit Werkzeugkomponenten entwickelt, das zum Bau mehrbenutzerfähiger und verteilt einsetzbarer Werkzeuge verwendet wird. Werkzeuge können einfach und schnell aus vorhandenen Komponenten zusammengesetzt und Parameter zur Steuerung dieser Komponenten festgelegt werden. Weiterhin können Komponenten erweitert und angepaßt werden, wodurch eine hohe Flexibilität bei der Adaptierung von Werkzeugen erreicht wird.
Zur Beschreibung des Prozeßmodells wird eine einfache Prozeßmodellierungssprache vorgeschlagen. Mit Framework-Komponenten kann eine Prozeßmaschine zur Steuerung und Überwachung des Prozesses gebaut und flexibel um prozeßspezifische Funktionen erweitert werden. Das Prozeßmodell dient hier als Spezifikation für die Prozeßmaschine. Die gebauten CASE-Werkzeuge werden mit dem Prozeß integriert, passen sich also an die aktuelle Prozeßsituation an und ermöglichen es dem Entwickler, den Prozeßfortschritt zu beeinflussen. Mit dem Bau von Planungs- und Managementwerkzeugen und ihrer Integration in die Umgebung
wird die Flexibilität des Ansatzes geprüft.