Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Erlernen der deutschen Wissenschaftssprache durch ausländische
Promovierenden an der Universität Siegen. Es handelt sich um eine empirische Fallstudie, die in der Perspektive
des neuen Ansatzes der Konstruktionsgrammatik die freie mündliche Produktion von Doktoranden, die die
deutsche Sprache lernen, in wissenschaftlichen Kommunikationskontexten untersucht. Die Fallstudie gliedert
sich in drei Teilstudien:
· ein exploratives Experiment, anhand dessen die Forschungsfragen genauer umgrenzt wurden,
· ein Vergleich zwischen der jeweiligen mündlichen und schriftlichen Produktion von drei Lernern im wissenschaftlichen
Kommunikationskontext,
· die Längsschnittanalyse der Produktion von zwei Lernern über einen Zeitraum von insgesamt drei Jahren.
Konkretes Ziel der Studie war, einen neu entwickelten Kursansatz, an dem die Probanden teilnahmen, zu
erproben und weiter zu entwickeln. In dieser Hinsicht brachte die Analyse der Aufnahmen der mündlichen
Produktion der Probanden folgende Ergebnisse:
· Es konnte eine Lernervarietät beschrieben werden, die sich durch eine so-genannte Baustein-Strategie
charakterisiert. Die Probanden verwenden Konstruktionen wie Bausteine, die sie miteinander kombinieren,
um gezielte Sprechakte durchzuführen.
· Die Baustein-Strategie weist zwei Merkmale auf: Zum einen besteht ein kompensatorisches Verhältnis
zwischen Fachterminologie und Verbkonstruktionen im Hinblick auf die jeweilige Spezifizität, indem i.d.R.
hochspezifische Termini anhand unspezifischer Verbkonstruktionen in Verbindung gebracht werden. Zum
anderen werden unspezifische Verbkonstruktionen als Platzhalter für spezifischere Verbkonstruktionen eingesetzt,
die noch zum Potential der Lerner gehören. Dies kennzeichnet zugleich den Entwicklungsprozess
in bezug auf Verbkonstruktionen, indem unspezifische Platzhalter die Basis für den allmählichen Einsatz
spezifischerer Konstruktionen sichern.
· Der Entwicklungsprozess der Probanden verlangsamt sich, wenn es um den Einsatz von Klammerkonstruktionen
oder komplexeren Frames in der freien mündlichen Produktion geht. Dort besteht als weiteres
Ergebnis dieser Studie ein erheblicher Bedarf an Forschung, um diese Problematik genauer zu untersuchen.
Ferner wurden die Rahmenbedingungen, die der erprobte Kurs für das Lernen stellte, ebenfalls am Licht
der empirischen Studie bewertet und es stellte sich heraus, dass der Kurs einen besonderen positiven Effekt auf
die Bereitschaft der Lerner hatte, am Kurs und am wissenschaftlichen kommunikativen Alltag außerhalb des
Kurses aktiv teilzunehmen. Das Engagement der Lerner im eigenen Lernprozess war besonders hoch, was zu
besonders proaktiven und effizienten Lern- und Kommunikationsstrategien führte.
Zusammenfassend versteht sich diese Arbeit als einen Schritt, um im Rahmen des Angebots für ausländische
Hochschulteilnehmer im Sinne der aktuellen Internationalisierung der deutschen Hochschullandschaft dem
Zielpublikum besser entgegenzukommen, indem die deutsche Sprache des wissenschaftlichen Alltags zugänglich
gemacht wird. Die Ergebnisse dieser Studie sollen dazu beitragen, einerseits den hier vorgestellten Kurs für
Doktoranden weiter zu entwickeln, andererseits ihn in weiteren Formen für andere Publiken zu deklinieren (Studenten,
Nachwuchswissenschaftler...). Außerdem soll diese Dissertation die Relevanz der deutschen Sprache an
der Hochschule und in der Wissenschaft erneut bestätigen.