Die Befahrbarkeit (Traffikabilität) des Tiefsee-Meeresbodens mit einem Raupenfahrzeug ist eine der wesentlichen Voraussetzungen für den erfolgreichen Abbau von Manganknollen (polymetallic nodules), die in unvorstellbaren Mengen auf dem Tiefseeboden lagern. Der weiche, durch thi-xotropes Verhalten gekennzeichnete Meeresboden stellt dabei besondere Anforderungen an das Raupenfahrzeug und die Beurteilung der Traffikabilität des Meeresbodens im Abbaugebiet.
In dieser Arbeit werden die Kriterien für die Traffikabilität des Tiefseebodens und die mechani-schen Grundlagen ausgewählter Messgeräte, wie Flügelschersonde, Kegeldrucksonde, Scher-ring, Raupensegment und Lastplatten dargestellt, die für die Bestimmung der bodenmechani-schen Kennwerte zur Beurteilung der Traffikabilität notwendig sind. Die vertikale Spannungsver-teilung im Boden, der Grundbruch unter dem Fahrzeug und die Berechnung der Sofort-Setzung des Fahrzeuges mit der indirekten Setzungsberechung werden beschrieben. Das Verhalten von Flügelschersonde, Scherring, Raupensegment und Lastplatten wird im Labor untersucht. Dafür wurde am Institut für Konstruktion (IKS) in Zusammenarbeit mit der Werkstatt des FB Maschi-nenbau der Universität Siegen eine Versuchsanlage entwickelt und gebaut.
Ausgehend von den mechanischen Grundlagen und den experimentellen Untersuchungen wird eine neue mechanisch-mathematische Beschreibung der Scherspannungs-Scherweg-Beziehung speziell für Tiefseesedimente und relevante Messverfahren entwickelt (IKS-Funktion), die syste-matische Abweichungen, die den gängigen Formulierungen im Schrifttum anhaften, vermeidet. Mit der IKS-Funktion wird eine Transformation der Scherspannungskurve der Flügelschersonde ohne die Möglichkeit einer Auflast auf das Raupensegmentkennfeld mit Auflast vorgenommen. Auch für die experimentellen Ergebnisse der dynamischen Einsinkungen von Raupensegment und Scherring wurden Kennfelder in Abhängigkeit von Scherweg und Bodenbelastung gebildet.
Der Einsatz eines vorgeschlagenen in situ Bodentestgerätes mit Kegeldrucksonde, Flügelscher-sonde und Lastplatten mit Einsinktiefenmessung liefert die für die Beurteilung der Traffikabilität notwendigen Kennwerte. Mit diesen Kennwerten und den Daten des Raupenfahrzeuges werden, unter Einbeziehung neuer Berechnungskomponenten, die Traktionssicherheit als Differenz aus Traktionskraft und Fahrwiderständen des Fahrzeuges und die Grundbruchsicherheit ermittelt. Anhand eines Beispieles werden konkrete Zahlenwerte für die die Traktionssicherheit und die Grundbruchsicherheit angegeben. In diesem Zusammenhang ergeben sich auch zwei grundsätz-liche Erkenntnisse. Zum einen wird festgestellt, dass die Bodenbelastung beim Raupenfahrzeug das Traktionsverhalten, insbesondere bei der Resttraktionskraft, gegenüber der Flügelscherson-de erheblich verbessert und zum anderen erweist sich die Vorausbestimmung der dynamischen Einsinkung zur Berechnung der Verdrängungswiderstandes aufgrund seines geringen Einflusses als nicht notwendig. Schließlich wird das Raupenfahrzeug als bodenmechanisches online Mess-gerät in die Diskussion eingebracht.
Die erneute Aktualität der Manganknollengewinnung hat die Entwicklung der Fördertechnologie national und international wiederbelebt, wobei die Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 lediglich aufschiebende Wirkung hatte. Die Erkenntnisse über die Interaktion von Tiefseeboden und Rau-penfahrwerk sowie die theoretischen Herleitungen und Beschreibungen in dieser Arbeit sollen Anregungen zur Weiterentwicklung der in situ Bodentestgeräte und der Berechnungsalgorithmen
liefern.