In der Arbeit wird davon ausgegangen, dass Jugendliche ihre ökonomische Kompetenz primär nicht in der Schule erwerben, sondern in außerschulischen Settings. Dazu gehören in hohem Maße kommerzielle Computerspiele; bedeutsam für die ökonomische Kompetenz erscheinen die in Deutschland recht erfolgreichen Manager- und Aufbauspiele. Zur ersteren Kategorie gehören zum Beispiel bekannte Titel wie die Fußball-Manager-Reihe, Zoo-Tycoon, Rollercoaster-Tycoon oder Railraoad-Tycoon; zur zweiten Kategorie gehören beispielsweise die Spiele der Siedler- und der Anno-Reihe.
Die Definition der Kompetenz kann zwar im Sinne neuerer Arbeiten recht weit gefasst werden; aufgrund von forschungspraktischen Überlegungen wird aber nur auf die Dimensionen Wissen und Einstellungen und teilweise der motivationalen Disposition Bezug genommen. Für ein Kompetenzstufenmodell sowie der im Zusammenhang mit der Kompetenzentwicklung auch bedeutsamen Frage der sozialen, motivationalen und volitionalen Disposition fehlen teilweise die Erhebungsinstrumente. (siehe dazu aber weitere Pionierarbeiten am ZöBiS)
Aufbauend auf Theorien der Medienwirkungsforschung und der theoretischen Spielforschung werden Thesen zu Einflussfaktoren der Wirkung gebildet. Dies ist vor allem wichtig im Zusammenhang mit der These von der Abhängigkeit des Kompetenzerwerbes vom Umgang mit dem Spiel und die These von der Abhängigkeit des Kompetenzerwerbes vom Verständnis des Spiels als prototypisch für andere Lebenswelten außerhalb der Spielwelt.
An die theoretischen Überlegungen zum Lernen schließt sich eine Analyse der betrachteten Spiele an hinsichtlich dessen, was angesichts der Spielinhalte potenziell gelernt werden kann. Es konnte festgestellt werden, dass die Spiele durchweg einen hohen Anteil ökonomischer Inhalte besaßen, diese aber zu einem großen Teil nicht erklärt wurden, bzw. fachwissenschaftlich verzerrt wiedergegeben wurden.
In der Auswertung des quantitativen Teils hinsichtlich des Lernens von ökonomischem Wissen wurde festgestellt, dass es durch die Spiele keinen Effekt gibt. Der wichtigste Prädiktor für Wirtschaftswissen ist das Alter. Erlerntes Wissen bleibt in seiner Gültigkeit oft auf die Spielwelt beschränkt, wie die Analyse des qualitativen Teils zeigt.
Hinsichtlich von Einstellungen zu ökonomischen Themen konnte ebenfalls kein Unterschied zwischen der Kontrollgruppe ohne Treatment und der Gruppe der Aufbau- und Managerspieler festgestellt werden. Anders jedoch als bei potenziell transferierbaren Wissensbeständen differieren Aufbau- und Managerspiele was die potenziell induzierten Einstellungen anbetrifft. Die betrachteten Aufbauspiele (Anno-Serie, Siedler-Serie, Civilization IV) stellen einen oligopolistischen Markt dar, in dem der Wettbewerb existenzbedrohend ist. Der Erfolg des einen ist der Verlust des anderen Akteurs. Daher wird in diesen Spielen die Wirtschaft insgesamt als statischer angesehen und der Wettbewerb als schädlicher als in den betrachteten Managerspielen (Fußball-Manager-Serie, SimCity, Zoo-Tycoon, Rollercoaster-Tycoon). In diesen ist die Marktstruktur atomistisch. Wettbewerber werden nicht als Akteure simuliert, sondern die Konkurrenzsituation durch Kundenströme.
Ungeachtet der Ergebnisse hinsichtlich des informellen Lernens durch Unterhaltungssoftware unterstreicht die Arbeit das Potenzial dieser Spiele, wenn sie in formale Bildungskontexte eingebunden würden.