In der vorliegenden Arbeit wird eine neue Methodik beschrieben, wie auf Basis von Schwingungsmessungen Strukturveränderungen lokalisiert werden können. Bisherige schwingungsbasierte Verfahren nutzen häufig modale Daten. Zur Lokalisation und Quantifizierung von festgestellten Strukturveränderungen ist dann oftmals ein Abgleich mit einem Finite-Element-Modell notwendig. Die dafür erforderliche Bestimmung einer beschränkten Anzahl sensitiver Modellparameter ist anspruchsvoll und beeinflusst die Modellgüte maßgeblich. Abweichend hierzu werden in dieser Arbeit strukturmechanisch interpretierbare Parameter direkt aus experimentell erfassten Schwingungssignalen generiert. Ein Finite-Element-Modell ist hierfür nicht notwendig.
Auf Basis eines systemtheoretischen Modellansatzes wird das Übertragungsverhalten linearer Strukturen als Black-Box-Modell in Zustandsraumdarstellung modelliert. Die Systemidentifikation erfolgt unter Verwendung von Methoden der linearen Algebra. Die dabei gewonnenen Modellparameter sind zunächst rein mathematisch deutbar. In dieser Arbeit wird erörtert, wie diese Black-Box-Zustandsraummodelle in physikalisch deutbare White-Box-Modelle überführt werden können. Anhand von theoretischen Betrachtungen unter Verwendung der Bewegungsgleichung der Mechanik wird zunächst gezeigt, wie Markovparameter und strukturmechanische Parameter (Masse, Dämpfung, Steifigkeit) in Zusammenhang stehen. Im Weiteren ist dargestellt, welche theoretisch notwendigen Randbedingungen bei der experimentellen Anwendung einzuhalten sind. Vollständig gelingt dies bei der realen Anwendung kaum, deswegen werden korrespondierende strukturmechanische Größen auf Basis von Markovparametern eingeführt, mit Hilfe derer eine Lokalisation von Schäden dennoch möglich ist.
Nachdem auf Basis von simulierten Messdaten die Funktionalität der vorgestellten Methodik nachgewiesen wurde, erfolgt die Anwendung unter Nutzung experimenteller Daten. Anhand von Laborversuchen ist ausführlich das Verhalten einer Kragarmstruktur dargestellt. Als Strukturveränderung dienen verschieden positionierte Gewichte und Sägeschnitte zur Veränderung von Strukturmasse und Steifigkeit. Abschließend werden die Ergebnisse eines experimentellen Großversuches an einer Spannbeton-Bogenbrücke präsentiert, bei der der Ausfall eines Spannbeton-Hängers lokalisiert werden konnte.