Der Diskurs über Benachteiligte offenbart einen Widerspruch zwischen formalen Normen und ihrer materialen Realisierung. Einerseits ist - dem ethisch-demokratischen Postulat von Zivilgesellschaft folgend - über die Codierungen des Sozialgesetzbuchs gesellschaftliche Teilnahme intendiert; es besteht also ein gesellschaftliches Versprechen auf gelingende Subjektkonstitution über den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Andererseits gelingt der nationalen Bildungsberichterstattung zu Folge jährlich einem erheblichen Teil der Kohorte an Schulabgängern die Aufnahme eines Aus- bzw. Arbeitsverhältnisses nicht, und es fehlt gleichzeitig an gesellschaftlich adäquaten Institutionen, um das Versprechen auf Teilhabe faktisch werden zu lassen. Umso befremdlicher wirken verstärkt auftretende Klagen über (zukünftig) fehlende Facharbeiterbedarfe.
Geht man davon aus, dass die Klärung der Subjektkonstitution der zentrale Gegenstandsbereich der Bildungsforschung ist, dann zeigt sich im Diskurs über Benachteiligte zwar noch eine marginale Beschäftigung mit Fragen der Subjektkonstitution. Der Zusammenhang von gesellschaftlichen Widerspruchslagen und Subjektkonstitution gehört indes nicht mehr zum Gegenstand erziehungswissenschaftlicher Untersuchungen, wenn es um benachteiligte Jugendliche geht. Demgegenüber herrschen eher Erklärungsversuche vor, welche die Subjektkonstitution auf Migrationshintergründe, sozio-kulturelle Herkunft oder Schulerfolg beschränken. Für die Planung, Steuerung und Regulation von Bildungsprozessen reicht das so generierte Wissen allerdings nicht aus, weil es die Ebenen der Vermittlung des Subjektes mit der Welt, also die Produktions- und Reproduktionsverhältnisse von Individuum und Gesellschaft nicht erhellt und somit nicht zur Klärung von Fragen der Subjektkonstitution beitragen kann.
Gegenstand der wissenschaftlichen Untersuchung im Rahmen der vorliegenden Arbeit ist deshalb der Versuch, von der regulativen Leitidee der Konfiguration bzw. Kopplung der Prozesse von Sozio- und Psychogenese (vgl. Elias) ausgehend danach zu fragen, wie gesellschaftliche Bestimmungen und Sozialcharaktere die Subjektkonstitution beeinflussen.