In vorliegender Arbeit wird untersucht, ob unsere Sinneswahrnehmung eine Basis für unsere Überzeugungen über die Welt bilden kann, in dem sie folgende Anforderungen erfüllt:
(A1) Wahrnehmung muss eine nicht-inferentielle Basis bilden.
(A2) Wahrnehmung muss in inferentiellen Zusammenhängen mit Überzeugungen stehen können.
Beide Anforderungen können zum einen durch neuere wissenschaftliche Erkenntnisse zu möglichen, der Wahrnehmung vorgelagerten, unbewussten psychischen Prozessen und zum anderen durch philosophische Annahmen über diejenigen Zustände, die überhaupt nur mit Überzeugungen in inferentiellen Zusammenhängen stehen können, als schwer erfüllbar betrachtet werden.
Es wird deshalb gezeigt, dass es trotz aller Befürchtungen möglich ist, Wahrnehmung als eine Basis zu betrachten, die beiden Anforderungen gerecht wird.
Dazu wird zunächst eine längst ausstehende Bestimmung des Inferenzbegriffs im erkenntnistheoretischen Kontext vorgenommen (Kapitel 2). Anschließend wird auf Basis dieser Bestimmung untersucht, inwieweit so etwas wie unbewusste Inferenz zu einer Gefährdung der ersten Anforderung führen kann (Kapitel 3); wobei deutlich werden sollte, dass Wahrnehmung trotz neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse die erste Anforderung erfüllen kann. Und schlussendlich wird gezeigt, dass auch nicht-begriffliche Erfahrungen – anders als von vielen Zeitgenossen behauptet – in inferentiellen Zusammenhängen mit Überzeugungen stehen können und deshalb die zweite Anforderung nicht gefährden (Kapitel 4).