Anlagenbauer und -betreiber unterliegen heute einem zunehmenden Wettbewerbsdruck, der zur Folge hat, dass die Effizienz in allen Unternehmensbereichen gesteigert werden soll. Die Wiederverwendung von Modulen und dem dazugehörigen Wissen ermöglicht die Steigerung der Effizienz und die Beherrschung der Komplexität im Engineering und auch in der Fertigung von komplexen und variantenreichen Produkten. Der Ansatz der Wiederverwendung ausdetaillierter Module aus Baukästen lässt sich bislang allerdings nur bedingt auf Produktionsanlagen wie Montagelinien übertragen, die spezifisch auf den Anforderungen und Prozesse des Anlagenbetreibers angepasst sind, da die notwendige Standardisierung beispielsweise für die Definition von Modulschnittstellen für diese Systeme sehr aufwändig ist. Die Herausforderung bei der Wiederverwendung von Modulen in solchen Produktionsanlagen liegt darin, Module zu identifizieren, die so klein sind, dass sie in verschiedenen Anlagen wiederverwandt werden können, und die so groß sind, dass sie dem Entwickler einen Mehrwert gegenüber der Wiederverwendung von Komponenten bieten.
Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, wird im Rahmen dieser Arbeit eine Methode vorgestellt werden, die Entwickler bei der Identifikation von Modulen unterstützt und die die Wiederverwendung in den frühen Phasen des Engineering – also in der Konzeption einer Anlage – ermöglicht. Dazu wird ein methodisches Vorgehen entwickelt und in einer Software implementiert. Die Methode ermöglicht es dem Entwickler, wiederverwendbare Module in bestehenden Produktionsanlagen zu identifizieren. Dazu wird ein matrixbasierter Ansatz in Kombination mit Sortieralgorithmen und Bewertungskriterien genutzt. Zusätzlich werden diese Module durch Eigenschaften und Funktionen systematisiert und in einer Wissensbasis abgespeichert. Dadurch wird es ermöglicht, im Engineering neuer Produktionsanlagen Modulkombinationen durch eine Prozessbeschreibung mit Funktionen zu erstellen und durch die Vorgabe von Eigenschaften relevante Kombinationen einzugrenzen. In einem weiteren Schritt werden die Module bewertet und damit die Modulkombinationen priorisiert. Dazu wird ein aggregierter Nutzwert aus Kosten, Produktivität, Energieverbrauch und Auslastung für die Modulkombination gebildet. Durch statistische Verfahren oder Simulation ist es möglich, diese Bewertungen an die Anforderungen an eine neue Produktionsanlage anzupassen. Um den Entwickler bei der Anwendung der Methode zu unterstützen, wurde die Methode in einem Softwarewerkzeug abgebildet und in der industriellen Praxis erprobt.
Die vorgestellte Methode eignet sich insbesondere für Hersteller und Betreiber prozessspezifischer Produktionsanlagen, die das Wissen über diese Anlagen im Engineering neuer oder im Reengineering bestehender Anlagen wiederverwenden wollen. Die Methode unterstützt sie nicht nur bei der Modulidentifikation und bei der Systematisierung des Wissens, sondern auch in der Bereitstellung während der Konzeptionsphase. Im Engineering wird neben der Auswahl einer geeigneten Modulkombination auch eine Bewertung vorgenommen, die in weiterführenden Schritten wie der Angebotserstellung genutzt werden kann. Der Nutzen der Wiederverwendung von Wissen wird durch die Bereitstellung von Daten zu den Modulen erhöht.