Obwohl sich immer mehr Frauen selbständig machen und der „gender gap“ in der Selbständigkeit gesunken ist, interessieren sich Frauen offensichtlich immer noch weitaus seltener für eine eigene Gründung und sind seltener als Männer mit der Umsetzung von Gründungsideen beschäftigt. Dabei spiegelt das niedrigere Gründungsinteresse von Frauen auch traditionelle Rollenbilder wider. Hier zeigen jüngste Forschungsergebnisse, dass trotz positiver Entwicklungen das institutionelle – vor allem das gesellschaftspolitische – Umfeld in Deutschland Gründerinnen und Unternehmerinnen oft noch skeptisch gegenübersteht(Welter et al. 2003). In diesem Zusammenhang kommt dem von den Medien transportierten Bild deutscher Unternehmerinnen und Gründerinnen große Bedeutung zu. Insbesondere Zeitungen vermitteln – auch in Zeiten der zunehmenden Internetnutzung – die akzeptierten Wertvorstellungen einer Gesellschaft. Sie tragen im öffentlichen Diskurs dazu bei, die Tätigkeit von Unternehmerinnen beispielsweise als wünschenswerte Erwerbstätigkeit darzustellen und das Unternehmerinnenbild positiv zu besetzen.
„Süßes Leben mit bitteren Noten“ – so überschrieb die Süddeutsche Zeitung Anfang 2001 einen Artikel, in dem sie über den Verkauf eines traditionellen Pralinengeschäftes, geführt in zweiter Generation von einer Frau, berichtete. „Für manche ist es wie eine Geburt“ betitelte 1998 die Welt einen Bericht über Fördermaßnahmen für Mütter, die selbständig werden wollten. „Geschmeidige Lippen retten die Welt“ wurde ein Porträt der Body-Shop-Chefin Anita Roddick betitelt, während die Bild über die Keramikerin Hedwig Bollhagen unter der Überschrift „Deutschlands älteste Unternehmerin zeigt ihre Pötte“ berichtet. Mit Blick auf das gesellschaftspolitische Umfeld von Unternehmerinnen ist gerade in den vergangenen Jahren vieles angestoßen worden, z.B. ist eine verstärkte Netzwerkbildung zu beobachten und der Versuch, Unternehmerinnen über Preise „sichtbarer“ zu machen, so dass eine Aufarbeitung der Diskussion über Unternehmerinnen und Gründerinnen in den Medien wertvolle Hinweise auf positive Veränderungen im vermittelten Rollenbild und der Einstellung zu Unternehmerinnen und Gründerinnen geben könnte. Es wird davon ausgegangen, dass das von und in den Medien vermittelte Bild von Unternehmerinnen und Gründerinnen das unternehmerische Engagement von Frauen beeinflusst. So bestätigt eine jüngere Studie des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn, dass bei Defiziten in der Identifikation als Unternehmer/in die Gründungsneigung negativ beeinflusst wird (Kay 2005, Werner et al. 2005). Das wirft folgende Forschungsfragen auf, die im Rahmen dieser Expertise untersucht werden:
Welches Bild und welche Stereotype vermittelt die deutsche Presse mit Blick auf Unternehmerinnen und Gründerinnen und mit Blick auf Entrepreneurship? Hat sich dies im Zeitablauf geändert? Inwieweit greifen die von der Presse vermittelten Unternehmerinnenbilder dabei aktuelle Erkenntnisse der Gründungsforschung (z.B. zur Erfolgsdefinition von Unternehmerinnen, zu Erfolgsmerkmalen von unternehmerisch tätigen Personen und ihren Unternehmen) auf?
Hat sich der Diskurs über Unternehmerinnen – insbesondere vor dem Hintergrund der wirtschaftspolitischen Entwicklungen seit Mitte der 1990er Jahre – qualitativ, d.h. in Bezug auf Inhalt und Sprache, verändert? Falls ja, welche Entwicklungen zeichnen sich ab?
Wird der Unternehmerinnen-Diskurs sowohl in der wirtschaftlichen als auch in der generellen gesellschaftlichen Berichterstattung geführt? Wie unterscheidet sich der wirtschaftliche vom gesellschaftlichen Diskurs über Unternehmerinnen? Welche Bilder werden in verschiedenen Kategorien der Tagespresse übermittelt?
Welche Themen werden im Diskurs behandelt? Hat sich dies im Untersuchungszeitraum verändert? Welche Themen greift der Diskurs nicht auf?