In der Geschichte der Naturwissenschaften spielt die Zeit der Renaissance eine entscheidende und zugleich einzigartige Rolle: Das überlieferte Denken als Folgerung aus vorgegebenen Grundsätzen wird ersetzt durch eine kritische Analyse der Grundsätze selbst. Es ist aufschlussreich, sich mit den Schwierigkeiten dieses Übergangs zu befassen. Die Astronomie dient hier als Paradebeispiel, lassen sich doch ihre Aussagen leicht verifizieren bzw. falsifizieren. Bedeutende Namen spielen eine Rolle: Kopernikus, Galilei und Kepler.
Der vorliegende Band möchte einerseits eine Zusammenfassung dessen geben, was Kepler in seiner Hauptschrift: „Neue, ursächlich begründete Astronomie oder Physik des Himmels“ vorgelegt hat. Johannes Kepler war der Erste, der die Planetenbahnen physikalisch, d.h. durch eine Kraft, die von der Sonne ausgeht zu begründen versuchte. Aber während seine Vorgänger von fest vorgegebenen Planetenbahnen ausgingen – seien es Schienen oder Kugelschalen – sieht Kepler, dass eine Bahn nur stückweise gegeben sein kann, da die Kraft der Sonne sich mit dem Abstand des Planeten ändert, modern gesprochen: Die Bahn geht aus einer Differentialgleichung hervor.