Die physische Gestalt eines Campus (= lat. Feld) findet seine architektonische Ausformulierung im Begriff des Ensembles, welches ein räumlich-funktionales Zusammenspiel aus ‘Gebautem‘ und dem ‘dazwischen liegenden‘ Raum beschreibt. Dieses Zusammenspiel deutet sowohl auf die baulich-räumliche Synthese als auch auf die besondere Qualität des öffentlichen und halböffentlichen Raums im sozial-räumlichen Kontext hin.
Folglich kann demjenigen Raum eine besondere Bedeutung und Funktion beigemessen werden, der das bauliche Grundgerüst des (halb-)öffentlichen und privaten Raums bildet: Der universitäre Zwischenraum.
Die Zwischenräume sind auf allen Maßstabsebenen die verbindenden Elemente des universitären Gefüges. Sie formen das ‘räumliche Grundgerüst‘ und prägen gleichzeitig das ‘soziale Rückgrat‘. Sie bewirken Zusammenhalt und Trennung und sind die Garanten der privaten und der sozialen Sphäre. Die Zwischenräume sind folglich die entscheidenden Bindeglieder für die Belebung des Gemeinschaftlichen im ‘universitären Lebensraum‘.
Als Schnittstelle zwischen aktiven und passiven Handlungsmustern (Aktions- und Rückzugsräume) können die Zwischenräume - zeitlich versetzt oder gar gleichzeitig - als Orte der Kommunikation oder der Kontemplation, des Lehrens oder des Lernens, des Verweilens oder des Beobachtens fungieren. In ihrer ‘informellen‘ Funktion sind die Zwischenräume also vielschichtig und konträr zugleich. Gerade dieses Funktionsspektrum ist für eine kreative und innovative Wissensgesellschaft von großer Bedeutung, denn „der moderne wie der alte Weg des Wissenstransfers“ erschöpft sich nicht nur auf reiner Informationsvermittlung (Sprechen und Hören), sondern vielmehr auf der Kommunikation (Sprechen, Darstellen, Hören und Sehen). Aus diesem Grund können die Zwischenräume als „Indikatoren und als Promotoren universitärer Kultur“ betrachtet werden.
Die vorliegende Untersuchung bewegt sich im Campus-Zwischenraum, um im ‘kleinen‘, menschlichen Maßstab die Synergie- und Anpassungspotentiale der baulichen Strukturen im Bestand zu untersuchen. In diesem Zusammenhang rücken die in der Umgangssprache oftmals als ‘Zweckbauten‘ deklarierten Campusgebäude der ehemaligen Gesamthochschulen an den Standorten in Essen, Paderborn und Wuppertal in den Vordergrund der Untersuchung.
Zur quantitativen Ermittlung der Synergie- und Anpassungspotentiale von universitären Zwischenräumen wurde im Rahmen dieser Arbeit eine neue Methodik entwickelt, die auf der Konfigurationstheorie nach Hillier und Hanson (The Social Logic of Space, 1984) aufbaut und einem holistischen Ansatz folgend quantitative Bewertungen für die untersuchten Raumabschnitte liefert und damit auch eine Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Räumen und Standorten ermöglicht.
Zunächst wurde durch die Entflechtung der einzelnen Strukturelemente die Lagegunst der zu untersuchenden Raumabschnitte in den jeweiligen Campusstandorten ermittelt. Da die direkten, wahrnehmbaren Wirkungs- und Beziehungsqualitäten in der Raumsyntax-Analyse (Hillier und Hanson) nicht enthalten sind, wurden im zweiten Schritt der Analyse die abstrakten, konfigurativen Parameter der Campusstrukturen (Raumsyntax) um die konkreten Parameter der Raumabschnitte (Gestalt, Funktion und Verbindung) ergänzt.
Anschließend wurden die Anpassungspotentiale beleuchtet. Dazu werden für jeden Standort ausgewählte Raumabschnitte im Einzelnen auf ihr Optimierungspotential untersucht. Dabei werden die Parameter Gestalt, Funktion und Verbindung für die Bestimmung des Synergiepotentials zugrunde gelegt. Aus der folgenden Bestimmung des Anpassungspotentials durch Umnutzung, Umbau und Erweiterung kann die praktische Realisierbarkeit dieser Synergiepotentiale abgeleitet werden.
Auf Basis der Raumkategorie des Zwischenraums werden schlussendlich Handlungsempfehlungen zur Sanierung der untersuchten Campusanlagen aufgezeigt, aber auch Grenzen der Optimierung erläutert, die durch den Bestand gegeben sind.