In jeder Schraubenverbindung kommt es nach der Montage zu einem Rückgang der Vorspannkraft, was als „Vorspannkraftrelaxation“ bezeichnet wird. Die Höhe dieses Rückgangs ist wesentlich beeinflusst durch die Werkstoffe von Schraube und verspannten Bauteilen, die im Kraftfluss der Vorspannkraft liegen, und die herrschende Temperaturbelastung auf die Verbindung. Da die ausreichend hohe Vorspannkraft für die Tragfähigkeit einer Schraubenverbindung von zentraler Bedeutung ist, wird seit langer Zeit nach einer Methode gesucht, mit der sich die Höhe der Vorspannkraftrelaxation vorhersagen lässt. Bisherige Ansätze sind aufgrund mangelnder Vorhersagegenauigkeit, fehlender Übertragbarkeit auf geänderte Konstruktionen oder dem Aufwand für Berechnung und Parameterbestimmung meist nicht praktisch anwendbar und haben sich deshalb nicht durchgesetzt. Aus diesem Grund wird in der vorliegenden Arbeit ein analytisches (formel-basierendes) Berechnungsmodell entwickelt, für dessen Parameter neben üblichen Werkstoffkenngrößen eine einfache Vorspannkraftmessung ausreicht, um den Vorspannkraftrückgang zu beschreiben. Dabei werden sowohl die Einzelbeiträge der Vorspannkraftrelaxation als auch die realen Nachgiebigkeitsverhältnisse berücksichtigt.
Ausgegangen wird dabei von einer Verbindung, bei dem Leichtbauwerkstoffe mit Stahlschrauben und -muttern verspannt werden und der Vorspannkraftverlust sich vor allem durch zeit- und spannungsabhängige plastische Verformung der verspannten Bauteile ergibt. Es wird gezeigt, dass diese Methode kontinuierlich gemessene Vorspannkraftverläufe sehr gut vorhersagen kann. Auch lassen sich die relativen Restvorspannkräfte anderer Versuchskonfigurationen mit anderen Nachgiebigkeitsverhältnissen, geänderten Verbindungsteilen und anderen Auslagerungstemperaturen mit praktisch ausreichender Genauigkeit vorherbestimmen. Dabei kann auch das zugrundeliegende Materialgesetz variiert werden, wenn anstelle von Leichtmetallen faserverstärkte Kunststoffe zum Einsatz kommen. Mit Hilfe der großen Versuchsbasis werden darüber hinaus allgemeingültige Aussagen zu Einflussparametern auf die Vorspannkraftrelaxation getroffen.