Derzeit werden verschiedene Fahrzeuge modular konzipiert und gemeinsam auf einer Rohbaulinie gefertigt. Die Fertigungsanlagen (Punktschweißanlage und die dazugehörigen Roboter) werden i.d.R. über Fahrzeuggenerationen wiederverwendet, um die Investitionskosten zu reduzieren. Eine Karosserie in Al-Stahl-Mischbauweise ist eine vielversprechende Lösung, um die Leichtbauanforderungen zu erfüllen. Allerdings erfüllen die üblichen mechanischen Fügeverfahren z.B. Halbhohl- und Vollstanznieten etc. aufgrund der eigenen Prozesseinschränkungen die Anforderungen an Flexibilität und Wirtschaftlichkeit bei der Fertigung der modular konzipierten Karosserien sowohl in Stahlbauweise als auch in Al-Stahl-Mischbauweise nicht. Daher ist die Entwicklung einer neuen Fügetechnik notwendig, mit der die Wiederverwendung der existierenden Punktschweißanlagen bei Herstellung der Al-Stahl-Mischstruktur parallel zur reinen Stahlkarosserie ermöglicht werden kann.
In dieser Dissertation wurde daher ein neues Fügeverfahren „Widerstandsnietschweißen (WNS)“ für Al-Stahl-Mischbaustrukturen entwickelt. Das Verfahren funktioniert durch Einsatz eines Stahlelements als Schweißadapter im Al-Blechbauteil. Das Stahlelement wird während des Umformprozesses ins Al-Blechbauteil eingestanzt und verformt. Dabei wird eine formschlüssige Verbindung zwischen Al und Stahlelementen abgebildet. Anschließend wird das Stahlelement mit dem Stahlbauteil durch Punktschweißen verschweißt.
Durch FEM-Berechnung und -Optimierung des Nietprozesses wurden die Nietgeometrie und Matrizenform so ausgelegt, dass eine gute formschlüssige Verbindung zwischen Al-Blech und Stahlniet hergestellt werden kann. Die passenden Schweißparameter (Strom, Elektrodenkraft und -kappenform), mit denen der Schweißpunkt zwischen Stahlblech und -Niet ohne Al-Aufschmelzung hergestellt werden kann, wurden über Schweißversuche ermittelt. Der Vergleich der Ergebnisse aus den mechanischen Prüfungen der WNS- und HHSNVerbindungen hat gezeigt, dass die WNS-Verbindung eine höhere statische Festigkeit als HHSN bei vielen Materialkombinationen aufweist. Darüber hinaus kann die Kontaktkorrosion durch den von WNS eingestellten Spalt zwischen Al und Stahl vermieden werden.
Zum Prüfen der Prozessfähigkeit wurde das WNS-Verfahren bei der Herstellung einer Al- Stahl-Teildachstruktur erprobt. Dazu wurden die Presswerkzeuge und die kompakten Stanzköpfe zum Umformen des Al-Teildachs und Einpressen der Stahlniete ins Teildach entwickelt und gebaut. Mit dem Werkzeug wurden viele Niete gleichzeitig in einem Operationsschritt ins Al-Blech eingebracht und somit kann die Wirtschaftlichkeit des WNSVerfahrens gewährleistet werden. Das Al-Teildach mit eingebrachten Stahlnieten wurde dann unter realen Randbedingungen über eine robotergeführte Schweißzange mit dem Stahldachspriegel verschweißt. Die Prozessfähigkeit des WNS-Verfahrens wurde durch die Erprobung mit der Al-Stahl-Teildachstruktur erfolgreich nachgewiesen. Darüber hinaus wurde die WNSVerbindung mit Ersatzmodell MAT_100_DA in LS-DYNA in Crashberechnung modelliert und durch Versuche validiert, womit die weiteren Einsätze mit WNS in Karosserie ermöglicht werden.
Zusammenfassend können die Karosserie in Al-Stahl-Mischbauweise und Stahlbauweise mit dem in der Dissertation dargestellten Verfahren auf der gleichen Rohbaulinie mit herkömmlicher Punktschweißanlage ohne zusätzlichen Änderungen gefertigt und die Investitionskosten an neuen Rohbauanlagen vermieden werden.