Der Begriff der virtuellen Realität (VR) ist in aller Munde und zu einem Inbegriff des Fortschritts geworden. Die meisten VR-Systeme sind für den menschlichen Betrachter konzipiert. In der vorliegenden Arbeit wird hingegen ein VR-System für Fische entwickelt, welches in der Verhaltensforschung Anwendung findet. Durch die Interaktion eines virtuellen mit einem realen Fischs werden zur Erforschung des Paarungsverhaltens neue Möglichkeiten geschaffen und bestehende Arbeitsabläufe vereinfacht.
Ziel der Arbeit ist die Entwicklung eines Versuchsstandes zur Durchführung von visuellen, interaktiven Verhaltensforschungsexperimenten, bei denen ein virtueller 3D-Fisch als Stimulus während der Partnerwahl eingesetzt wird und mit dem realen Testfisch interagiert.
Als Basis des Systems wurde im Rahmen dieser Arbeit eine System-Architektur entworfen, die aus der Robotik abgeleitet und auf den speziellen Einsatz für Versuchsstände zur visuellen Fisch-Computer-Interaktion angepasst wurde. Das entwickelte Fisch-Animationssystem ermöglicht eine einfache Gestaltung und benutzerfreundliche Animation virtueller Fischstimuli. Um darüber hinaus eine Interaktion zu realisieren, wird die Position des realen Fischs verfolgt und die Fischbewegung exakt rekonstruiert. Das optische Positionsverfolgungssystem trackt die 3D-Position der Fische in Echtzeit und erzeugt eine einfache geometrische Rekonstruktion der Versuchstiere. Die entwickelte Methode zur Kompensation der am Aquarium auftretenden Lichtbrechung erhöht dabei die Positionsgenauigkeit. Zusätzlich werden Methoden zur automatischen Initialisierung, zur einfachen Kamerakalibrierung und zur Erhöhung der Systemzuverlässigkeit bei welliger Wasseroberfläche vorgestellt.
Zur Rekonstruktion der Fischbewegung kommen Analyse-durch-Synthese-Verfahren zum Einsatz, mit denen die geometrischen Eigenschaften des realen Fisches in Modellparameter des virtuellen Modells übertragen werden. Auf diese Weise können aufgenommene Bewegungssequenzen zum direkten Einsatz im Animationssystem aufbereitet werden. Zur Erhöhung der Präzision wurde ebenfalls eine Methode zur Kompensation der Lichtbrechung entwickelt. Der Versuchsstand wurde erfolgreich in mehreren Experimenten mit Breitflossenkärpflingen an der Universität Siegen getestet und ist in Teilen der Forschungsgemeinschaft als quelloffene Software zur Verfügung gestellt worden.