Ausgangspunkt der Arbeit ist die These, dass zentrale Probleme bei der Vermittlung der Inhalte des
Chemieunterrichts und der negative Status der Chemie in Schule und Gesellschaft eng mit der historisch
gewachsenen und verfestigten „Ausblendung des Prozessualen“ aus der Chemie als Wissenschaft
und Unterrichtsfach verbunden sind. Vor diesem Hintergrund geht es um eine Besinnung auf
eine Reflexion über neuartige Begründungen der Ziele und Inhalte des Chemieunterrichts, die im
Rahmen einer Auseinandersetzung mit verschiedenen naturwissenschaftsdidaktischen Positionen
(Wagenschein, Weninger, Dierks, Buck u. a.) entwickelt werden.
Bestehende Defizite des etablierten Unterrichtsganges werden anhand einer qualitativen Fallstudie
mit Schülern des Anfangsunterrichts in Chemie exemplifiziert.
Im Zentrum steht eine ausführliche geistesgeschichtliche Untersuchung zur Entwicklung eines aprozessualen
Naturverständnisses von der Ontologie des griechischen Mythos bis zu den Aporien der
Moderne. Dadurch wird das Ziel verfolgt, durch eine detaillierte Analyse und hermeneutische Interpretation
geistesgeschichtlicher Verläufe und Umbrüche jene Entwicklungslinie zu rekonstruieren, anhand
derer Einseitigkeiten in der gegenwärtigen Erfahrung und Deutung von Natur verstanden werden können.
Jener weite Horizont wird dabei als maßgeblich für ein spezifisch aprozessuales Naturverständnis
in der Chemie und ihrer unterrichtlichen Vermittlung angesehen.
Im Blick auf einige systematische Perspektiven aus naturwissenschaftlichen Theorien, Wissenschaftstheorie
und Prozessmetaphysik werden Möglichkeiten und Wege für eine stärkere Akzentuierung des
Prozessualen in Chemie und Chemieunterricht wie einem allgemein verstandenen Weltbild ausgelotet.
Vorschläge für eine konkrete Umsetzung im Anfangsunterricht und Hinweise auf den allgemein bildenden
und weltbildstiftenden Charakter eines mehr an der Prozessualität von Stoffumwandlungen
orientierten Chemieunterrichts geben eine Ausblick auf entsprechende fachdidaktische Umsetzungen.