Der erste Teil der Arbeit versucht mit einem neo-institutionalistischen Erklärungsansatz die
Gründe zu analysieren, warum die Praxis der Hilfen für geistig behinderte Menschen trotz
langjähriger Reformdiskussion noch immer durch ‚stationäre Dominanz’ gekennzeichnet ist.
Dazu werden die prägenden historischen Entwicklungspfade der Behindertenhilfe in
Deutschland nachgezeichnet, die gleichzeitig Veränderungsoptionen restringieren. Im zweiten
Teil werden empirische Untersuchungen zum Vergleich von stationären und gemeindenahen
Hilfeformen für geistig behinderte Menschen ausgewertet. Bei der Betrachtung der
Institutionenkritik wird deutlich, dass der traditionelle heilpädagogische Begriff der
‚Institution’ nur einen sehr beschränkten Erklärungsgehalt hat, da die äußere Form von Hilfen
ihre gute Qualität nicht gleichsam ‚garantiert’. Auch ambulante Dienste brauchen bestimmte
Regeln, um verlässliche und dauerhafte Hilfen zu sichern. Im dritten Teil der Arbeit werden
Eckpunkte eines neuen heilpädagogischen Institutionenbegriffs formuliert, der Institutionen
nicht mehr als materiell-soziale Gebilde begreift (Gebäude, Einrichtungen etc.), sondern als
Regelwerke, die Rollenerwartungen standardisieren. Es wird dafür plädiert, für professionelle
Dienste den Begriff der Organisationen zu verwenden, die durch professionelle Regeln
(Institutionen) strukturiert werden.
Im vierten Teil der Arbeit wird dargestellt, wie Regelwerke beschaffen sein sollten, die bei der
Implementation Offener Hilfen zu berücksichtigen sind. Dabei werden die Leitprinzipien des
‚neuen Paradigmas (Selbstbestimmung, Bürgerrechte und Partizipation’) zugrunde gelegt und
im Handlungsrahmen eines sozial-ökologischen Entwicklungsmodells entfaltet. Die Arbeit will
einen Beitrag dazu leisten, den regionalen Planungsansatz ‚Netzwerke Offener Hilfen für
Menschen mit Behinderungen (NetOH)’ des Zentrums für Planung und Evaluation Sozialer
Dienste (ZPE, Universität Siegen) theoretisch zu fundieren.